Biotop der Introvertierten

[Mistral1]

Bei mir ist es so, dass ich das Gefühl habe, mit allen Sinnen und jeder Zelle zuzuhören. Das erfordert und verbraucht massenhaft Energie. Daher der große Energieverbrauch und das anschließend erforderliche "Sauerstoffzelt" .


Dabei nehme ich dann auch eine (Un-)Menge an Informationen auf, ob ich will oder nicht. Viele persönliche Dinge speichere ich dabei quasi nebenbei ab - auch ungewollt. Für mich bedeutet das, ich verbrauche zusätzlich Energie für Informationen, die ich in dieser epischen Breite gar nicht haben wollte. Und mit diesen eigentlich ungewollten Informationen arbeite ich gedanklich weiter, sie können mich also zusätzlich beschäftigen, wiederum zusätzlicher Energieverbrauch.

Vielleicht konnte ich hiermit, den hohen Energieverbrauch und das für mich anstrengende an einer Kommunikation verdeutlichen?

[Hilla123]

Hallo Hilla;

ich habe den Eindruck, dass Du Dich selbst in die Schublade steckst.

Auf der einen Seite gibt es die Typisierung Extrovertiert - Introvertiert mit einer dazugehörigen Beschreibung.

Jetzt nehmen die einen Bezug auf diese Typisierung. Du schreibst, inwieweit diese Beschreibung auf Dich passt und wie weit nicht. Ich denke, das akzeptiert hier jeder.

Wenn aber später jemand den Typus gemäss Beschreibung benutzt, fühlst Du Dich trotzdem angesprochen. Obwohl Du vorher sagst: "Ich gehöre nicht in die Schublade."

Martin, mir ist mittlerweile einiges klar geworden.

Das "Schubladenkenken" in diesem Faden hat in mir eine alte Wunde angeritzt, die nichts mit Intros und Extros zu tun hat. Meine alte Wunde begann zu schrinnen, ich wusste bislang nicht, dass sie nicht längst total geheilt war.

Das nehme ich jetzt als positive, wenn auch als nachdenkliche Erfahrung mit und danke Euch allen in diesem Faden, denn ohne diesen und ohne Euch wäre ich darauf nie gekommen. Jetzt kann ich an diesem Punkt arbeiten und diese Wunde endgültig heilen lassen.

Danke!

Eure Hilla

[missy]

Wenn jetzt jemand in dieser von dir beschriebenen Art und Weise ("du weißt doch, dieses tolle alte Sofa von meiner Oma, wo wir damals diese unvergleichtliche Torte gegessen haben, nachdem du die Prüfung bestanden hast und wir anschließend noch Sekt...", ) sagen wir mal eine Stunde ohne Punkt und Komma auf dich einreden würde (cih will damit NICHT sagen, dass Extros das tun würden!!!), und du würdest versuchen dir das alles zu merken, wärst du da hinterher nicht ein bisschen druch den Wind? Hättest du kein Problem damit, dann gleich dem nächsten Menschen mit eventuell grossen Problemen, die er dir ausführlichst erzäheln möchte so richtig zuzuhören?

Ich filtere, während mein Gesprächspartner spricht. Und wenn ich die Übersicht verliere, bitte ich zwischendurch darum, mal eben rekapitulieren zu dürfen, ob ich das alles so richtig verstanden habe. Ich arbeite generell mit vielen Zwischenfragen. Man könnte es auch so sagen, dass ich mir aktiv das aus dem Gespräch ziehe, was wichtig ist (bzw. in meinen Augen für meinen Gesprächspartner wichtig zu sein scheint).

Ich habe gestern Abend noch mit einer Extro über das Thema gesprochen. Auch sie bestätigte, dass sie Gespräche und viel Reden als inspirierend und beflügelnd empfindet - keinesfalls als ermüdend (es sei denn nach der 4. Flasche Wein morgens um 4:30 Uhr ).

[Hilla123]

Ich filtere, während mein Gesprächspartner spricht. Und wenn ich die Übersicht verliere, bitte ich zwischendurch darum, mal eben rekapitulieren zu dürfen, ob ich das alles so richtig verstanden habe. Ich arbeite generell mit vielen Zwischenfragen. Man könnte es auch so sagen, dass ich mir aktiv das aus dem Gespräch ziehe, was wichtig ist (bzw. in meinen Augen für meinen Gesprächspartner wichtig zu sein scheint).

Missy, Du sprichst mir aus der Seele! Auch ich filtere in Gesprächen und stelle Rückfragen. Sollte ich trotz Rückfragen in beruflichen Gesprächen mir im Nachhinein doch nicht sicher sein die wichtigen Punkte richtig erfasst zu haben schreibe ich halt ein kurzes Protokoll und bitte meinen Kunden - ich bin selbständig - um seine schriftliche Stellungnahme.

Das mache ich natürlich nicht im privaten Bereich, ich meine die schriftliche Protokollierung. Aber auch dort lasse ich mich nicht vollquasseln, es sei denn, ich fühle, dass mein Gegenüber es braucht, einfach mal schwallartig alles herauszulassen. Doch selbst dann filtere ich das Gehörte, nur frage ich in so einer Situation bewusst nicht so häufig nach wie ich es sonst tun würde.

[Florida]

MISSI und HILLA: ihr filtert Beide - vielleicht ist das der springende Punkt!

[missy]

MISSI und HILLA: ihr filtert Beide - vielleicht ist das der springende Punkt!

Ja, aber wir filtern vermutlich unterschiedlich. Im Gegensatz zu Geräuschen um mich herum, die mich davon abhalten, mich konzentrieren zu können (ich kann halt Geräusche NICHT filtern, bei mir kommt ALLES an), bin ich bei Gesprächen offensichtlich sehr wohl in der Lage zu filtern. Aber bei beiden ist das nichts bewusstes, sondern es geschieht sozusagen einfach.

Bin ich von einem Geräuschpegel umgeben, empfinde ich das auch sehr stressig. Eine Shoppingtour in der Großstadt ist toll für mich, aber abends bin ich dann i. d. R. völlig gaga von all dem Gewühle. Ich genieße und brauche es - aber es ermüdet mich auch. Und irgendwann macht mich vor allem Menschengedränge und -geschiebe sogar aggressiv.

Geht euch Intros das auch so? Oder bezieht sich das Gefühl von "das ist anstrengend und raubt mir Kraft und Energie" eher primär auf die zwischenmenschlichen Kontakte?

[Florida]

Missi: ich bin kein reiner Intro (meine Bekannten würden mich eher zu den Extros zählen), aber wenn ich gerade meine 40% Intro-Seite auslebe *lach*, dann geht es mir in der Grossstadt wie dir! Ich geniesse es zeitweise, aber dann kommt der Punkt, wo es mich ermüdet, oder nervt. Und genau so ist das bei mir mit den zwischenmenschliche Kontakten. Ich geniesse sie bis zu einem gewissen Punkt, aber nach einer gewissen Zeit, bruache ich mal eine Pause. Nach einer 30minütigen Pause kann es macnhmal dann gerne wieder weiter gehen, und manchmal geht auch nix mehr, dann bin ich heilfroh, wenn ich endlich zuhause bin, und abhängen kann.

[DasSchaf]

Ich habe eine Freundin, die sehr sehr introvertiert ist. Redet kaum, zieht sich zeitweise extrem zurück. Sie sieht sich als sehr unzulänglich und ist voller Schuldgefühle. Sie sagte mal, dass besser niemand mit ihr Kontakt haben sollte, weil sie so ein schlechter Mensch ist. Was kann man da tun ?

[Fortuna]

Ich habe eine Freundin, die sehr sehr introvertiert ist. Redet kaum, zieht sich zeitweise extrem zurück. Sie sieht sich als sehr unzulänglich und ist voller Schuldgefühle. Sie sagte mal, dass besser niemand mit ihr Kontakt haben sollte, weil sie so ein schlechter Mensch ist. Was kann man da tun ?

was möchtest du denn tun?

lass ihr zeit. zeig ihr, dass sie für dich ein wertvoller und wichtiger mensch ist. setz sie nicht unter druck, setze einfach dann und wann ein zeichen, dass du sie magst.

was zeichnet sie denn deiner meinung nach aus? ich glaube, es ist wichtig, menschen wertschätzung zu zeigen, und nicht einfach mit hohlen phrasen um sich zu werfen. also ein nichtssagendes: alle menschen sind liebenswert, wird ihr nicht helfen. vielleicht ist sie aber kreativ, macht sich spannende gedanken, die dich weiterbringen, vll kann sie gut zuhören, ist witzig. was verbindet euch?

(wir introvertierten brauchen unseren freiraum. wir brauchen niemand, der uns sagt, dass es besser ist, zeit in gesellschaft zu verbringen. freut euch, wenn wir es tun, es ist ein großes kompliment an die "gruppenkuschler"...)

[DasSchaf]

Moin Fortuna, danke für Dein Antworten. Ich würde ihr gern helfen, weiß aber nicht wie. Es dringt niemand mehr zu ihr durch. Sie bringt nach gewisser Zeit alle auf Abstand. Meist schriftlich ... mit Face to Face hat sie ihre Probleme. Kein Rückgrat wurde man wohl sagen. Sie macht Beziehungen immer wieder kaputt, stößt andere vor den Kopf und muss immer beweisen, was für ein schlechter Mensch sie ist. Mittlerweile macht sie auch nicht mehr die Wohnung auf, wenn man klingelt. Ich weiß, dass sie sich wohl nur selbst helfen kann, aber das klappt wohl nicht. dasSchaf

[Gast]

Wann hast du sie das letzte Mal live gesehen?

[DasSchaf]

Ist jetzt 2 Wochen her.
Sie muss ja auch wegen der Ausbildung aus dem Haus. Hab sie beim Einkaufen getroffen und es schien alles ok. Allerdings wollte ich sie nicht bedrängen und hab nur zwangslos gesagt, vielleicht können wir mal wieder was machen. Hatte ihr dann eine Mail geschrieben, und sie schrieb zurück, ich solle sie in Ruhe lassen. Es wäre nicht gut für mich, wenn ich Kontakt mit Ihr hätte

[DasSchaf]

Gestern schien wieder alles ok. Wir waren in der Stadt einen Kaffee trinken, sie hat mich eingeladen. (per SMS). Aber kein Wort zu Ihrem Rückzug und ihre Mail ... ich werde aus ihr nicht schlau ??? ... aber es hat mich gefreut

[Freundin der Weisheit]

Hallo DasSchaf,

aus eigener Erfahrung mit einer Person mit sehr schwachem Selbstbewußtsein und zeitweisen Suizidgedanken würde ich eher von einem depressiven Krankheitsbild sprechen.
Was Du beschreibst ist mehr als Introversion, es klingt viel mehr nach Aufs und Abs. In den "Ab-Phasen" verstärkt sich die sowieso schon vorhandene Rückzugstendenz vermutlich, die Kräfte sind geringer - und wer schon nah am Zusammenklappen ist und sowieso introvertiert, für den ist Gesellschaft dann zu anstrengend.
Das ist möglicherweise verbunden mit dem Gefühl, man habe nichts Positives zu erzählen, wolle nichts Negatives erzählen - und dann bleibt nichts mehr übrig, das Gespräch wäre schnell zuende - also trifft man sich lieber garnicht erst.

Es kann durchaus sein, daß sie Dich wirklich vor ihr und ihren angeblich destruktiven Einflüssen schützen will. Manche Menschen denken auch, daß jemand es bisher nur als Freund oder Partner mit ihnen ausgehalten hat, weil er noch begriffen hat, was für ein schlechter und unwerter Mensch sie wirklich sind. Sie fürchten verlassen zu werden, wenn der Freund oder Partner es kapiert hat - und nehmen das manchmal vorweg, indem sie die Person wegstoßen (so haben sie zumindest selbst die Kontrolle und müssen nicht auf den großen Knall warten). Die meisten Menschen geben auf, wenn sie nur oft genug abgewiesen werden.

Kommt Dir irgendetwas davon bekannt vor? Falls ja, könnte die Freundin vielleicht professionelle Hilfe gebrauchen. Dafür muß sie allerdings bereit sein zu glauben, daß sie kein "hoffnungsloser Fall" ist.

Ich wünsche Dir alles Gute,

Freundin der weisheit

[Shepherd]

@ DasSchaf

Kommt Dir irgendetwas davon bekannt vor?

Diese Frage kam mir auch in den Sinn ?