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Gefühlswelt nach lebensverändernden Schockerlebnissen

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    Gefühlswelt nach lebensverändernden Schockerlebnissen

    Hallo,

    irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich nach großen Schockerlebnissen, wie Unfälle, Tod lieber Menschen, schweren plötzlichen Erkrankungen,... die Gefühlswelt völlig verändert.

    Ich weiß nicht ob es nur der Schock ist der wirkt.

    Mein Vater hatte am Freitag einen Schlaganfall, ich habe ein Seminar abgebrochen um bei ihm und meiner Familie zu sein und merke, dass ich mich in einem absoluten Sonderzustand befinde.

    Neben der Rückbesinnung auf die menschlichen Wichtigkeiten des Lebens (z.B.mehr Zeit miteinander zu verbringen) scheint die persönliche Zeit selber anders zu laufen. Das Leben außen rauscht an mir vorbei. Ich habe im Moment eine sehr verlangsamte Zeitausnutzung - irgendwie habe ich mich aus der normalen Hektik meines Lebens ausgeklinkt.
    Mechanisch erledige ich Teile des Haushaltes - sonst versuche ich eher die Familie zusammenzuhalten und zu schauen, dass alle Essen, schlafen und die notwendige Ruhe bekommen um sich dann wieder auf meinen Vater konzentrieren zu können.
    Auch auf mich selber versuche ich gut aufzupassen - aber das läuft fast ab, wie wenn ich einer guten Freundin beistehen würde - ich frage mich, was ich jetzt brauche und dann erfülle ich mir die Bedürfnisse (Tee, Schaumbad, warme Decke,..).. Ich fühle mich fast ein bisschen zweigeteilt, weil ein Teil von mir würde am liebsten nur im Bett liegen - der andere Teil versorgt. Das Ganze bin ich, die versucht die Situation zu bewältigen.
    Vielleicht kann man es mit Inneres Kind und dem erwachsenen Selbst erklären - es fühlt sich trotzdem sonderbar an, weil ich mich normalerweise als absolute Einheit empfinde.

    Es fühlt sich sonderbar an - aber es zu beschreiben und hinzuschauen hat eine durchaus stabilsierende Funktion. Mich selbst verstehen macht es leichter die notwendigen Schritte weiterzugehen.

    Wie habt ihr derartige Situationen erlebet??

    Lioebe Grüße
    Amelie

    #2
    Genauso, Amelie.
    Ich habe gemerkt, dass die Dinge, die ich für ungeheuer wichtig hielt, im Grunde genommen gar nicht so wichtig sind, sondern dass es auf ganz anderes ankommt.
    Dadurch ist mein gesamtes Weltbild irgendwie anders geworden und ich habe mich auch nicht mehr aufgeregt über Sachen, die z.B. berufliche Angelegenheiten betrafen.
    Allerdings haben sich auch dadurch Beziehungen verändert, weil ich mit Menschen nicht mehr zurecht kam, die nur einen einzigen Blickwinkel hatten.
    Ich denke, es ist ein Prozess der Reife, der durch solche Ereignisse angeregt wird, das Konzentrieren auf Wesentliches im Umgang miteinander, der Blick ins eigene Innere und das der Betroffenen.
    Da kommt oft Erstaunliches zum Vorschein, Verschüttetes wird wieder sichtbar, und - so schlimm die Lage auch sein mag - das tut gut zu spüren, dass das Leben nicht nur vorbeirauscht mit Alltäglichkeiten, sondern ein ganz tiefe Bedeutung erahnen lässt in punkto Zuwendung, Vertrauen,Liebe,Dasein,Mitmenschlichkeit,Wärme.... .
    Bei mir ist eine Rückbesinnung auf das erfolgt, was mich wirklich ausmacht, und das hat sich in allen Lebensbereichen ausgewirkt.Und zwar positiv.

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      #3
      Liebe Amelie,
      wie geht es deinem Vater denn, in welchem Zustand ist er?
      Zweimal habe ich eine vielleicht vergleichbare Situation erlebt, zuletzt letztes jahr, wie du weißt.
      Ich glaube es ist absolut normal, dass solche Erlebnisse viel in einem bewegen und vielleicht auch zu einer Veränderung führen. Wie du schon schreibst - auf einmal besinnt man sich auf Dinge zurück, die man im Alltag oft vernachlässigt: Sei es, sich um sich selbst zu kümmern oder daruaf zu besinnen, dass es wichtigere Dinge gibt als die, die uns im Alltag oft so wichtig erscheinen.
      Ich habe die Veränderung auch bewusst wahrgenommen und zwar von Anfang an, trotz des Schocks und all der Trauer. und es sagten viele zu mir, wenn ich darüber sprach: ja, das ist jetzt so, aber das vergeht wieder. Nein, es ist nicht vergangen! Ich bin ein anderer Mensch geworden, ich habe mich verändert, das Leben hat für mich viel mehr an Wert gewonnen. Traurig ist es nur, dass dafür immer erst Schlimmes passieren muss.
      Es ist allerdings Wahnsinn, zu was für geistigen Leistungen man in solchen Situationen fähig ist, sogar auf solch einer Metaebene noch zusätzlich zu denken.

      Liebe Grüße

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        #4
        Es ist wie ein Wunder - es geht im besser.
        So versuche ich langsam wieder aus dem Schock und in gute Fürsorge für mich zu kommen.
        Falsche Ansprüche von richtigen unterscheiden, mich nicht schamlos ausnützen zu lassen ist gerade in der Arbeit ein großes Thema geworden. Da habe ich durchaus etwas zu lernen.

        Liebe Grüße
        Amelie

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          #5
          Liebe Amelie,

          ich hatte nach schockierenden Erlebnissen den Eindruck zu "funktionieren", während ich neben mir stand und mich verwundert dabei beobachtet habe. Als wäre ich plötzlich "zu zweit" - ein Teil aktiv und ein Teil gelähmt. Ich hatte allerdings eher das Gefühl, dass sich alles um mich herum in "Zeitlupe" abspielt und ich so jedes Detail wahrnehmen konnte.

          Ein "Herausgerissenwerden" aus dem Hamsterrad des Alltags bedeutet meist eine Besinnung auf "Wesentliches", nämlich auf uns wichtige Werte, die in der Routine irgendwie verschütt gegangen sein müssen.

          Ich freue mich zu lesen, dass du gut auf dich achtest und deine Gefühle wahrnehmen und ausleben und deine Bedürfnisse erkennen und erfüllen möchtest (so verstehe ich dich). Dieser Punkt kam bei mir neben und auch nach dem Funktionieren erst mal nicht zum Zuge und hat mich (oft Jahre) später dann doch eingeholt.

          Ich möchte dir noch die erst kürzlich passierte Geschichte des Vaters eines guten Freundes mitgeben: Diagnose Schlaganfall, zwei Wochen Hoffen und Bangen, da er nur die Augen und einen Finger bewegen konnte. Und dann war endlich klar: geistig ist er völlig in Ordnung. Körperlich hat er inzwischen sehr große Fortschritte gemacht: er wird kein Pflegefall sein, sondern sich weiterhin zuhause selbst versorgen können. Er kann sogar über sich selbst lachen, weil er verschachtelte Sätze liebt, sie aber (noch) nicht so sprechen kann, wie er gerne würde. Er hebt dann immer schief grinsend einen Zettel hoch "Hol dir was zu trinken und setz dich!" Und dann stottert er bockstur seinen Schachtelsatz daher und verweigert jegliche Änderung seines Stils zugunsten kurzer Sätze. Man könnte ihn dafür umarmen (oder auch mal würgen).

          Ich wünsche deinem Vater eine schnelle und umfassende Genesung und dir und deiner Familie Zuversicht und Vertrauen.

          Liebe Grüße
          Sunshine

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