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Die Sache mit der Angst und den Verschwörungen

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    Die Sache mit der Angst und den Verschwörungen

    Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Frage der Persönlichkeit ist, aber es scheint mir durchaus eine Veranlagung zu mehr oder weniger "Ängstlichkeit" zu geben, deshalb setze ich das Thema mal in die Rubrik "Persönlichkeitsentwicklung".

    Gestern habe ich zufällig in eine Reportage über "Reichsbürger" und andere "Staatsverweigerer" gezappt und der Teil, den ich gesehen habe, hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Da hat beispielsweise ein Mann voller Überzeugung verkündet, da es keinen formalen Friedensvertrag gibt, befänden wir uns immernoch "im Krieg". Die internationale Anerkennung der 2+4-Gespräche als gleichwertigen Ersatz stellt er in Frage. Ein anderer hat verkündet, dass er als Staatsverweigerer selbstverständlich mit eigenen KFZ-Kennzeichen und ohne Haftpflichtversicherung rumfährt, da er ansonsten Kriegshandlungen (durch Börsengeschäfte der Versicherer) unterstützen würde. Sowas schockt mich. Der Typ ist total blank, lebt von HartzIV und wenn er jemanden bei einem Unfall schädigt, ist bei ihm nix zu holen und das Opfer bleibt auch noch auf den Kosten sitzen. Er scheint der Überzeugung zu sein, dass dieses Risiko gerechtfertigt ist. Es geht nur um "er gegen den Staat", alles andere blendet er aus (auch den Umstand, dass er Geld vom Staat nimmt und durch Steuern finanzierte Straßen befährt und somit den Staat letztendlich nur "teilverweigert").

    Da habe ich mich gefragt, was "solche Menschen" antreibt.

    Brauchen sie die vermeintliche Gefahr, die Angst, das Gefühl gegen einen übermächtigen Feind anzureten? Auf die Idee gebracht hat mich ein Spiegel-Artikel über die Reportage "Sowas wie Angst" von Anke Engelke (hier ein Link zur ARD-Mediathek). Die Reportage selbst habe ich noch nicht angeschaut, aber im Artikel wurde ein "Experiment" erwähnt: ein Programmierer hat Bots erstellt, die auf den Begriff "Angst" besänftigend reagieren und automatisiert Informationen über "tatsächliche Zahlen" posten. Die Reaktionen auf diese "automatischen guten Nachrichten" waren größtenteil von Hass geprägt. Was ist für diese Menschen so wichtig an der Angst (der eigenen und / oder der der anderen), dass sie relativierende Informationen direkt (und anscheinend ziemlich emotional) abwehren? Sie scheinen die Angst jedenfalls nicht aufgeben zu wollen. Was "gibt" einem Angst?

    Oder ist die Motivation das Gefühl, anders als die anderen zu sein, "klüger", besser informiert als diejenigen, die die Welt nicht als bedrohlich und feindselig empfinden? Oder geht es darum, sich als "Superheld" zu fühlen, der sich von der angeblichen Bedrohung nicht einschüchtern und mundtot machen lässt? Einer, der gegen "das Böse" kämpft, auch wenn er sich einbildet, das bringe ihn in Lebensgefahr, weil "die Mächtigen" ihn dafür töten lassen wollen? Ist da wieder die Angst im Spiel, die konstruiert wird, um sie zu "überwinden"?

    Da scheint ein kleiner Trupp von (T'schuldigung, political incorrectness:) Spinnern durch überproportionale Präsenz im Netz tatsächlich Zulauf zu ziemlich absurden Ideen zu finden und es gibt ja allerhand Verschwörungstheorien, die auf dem gemeinsamen Nenner einer übermächtigen, "böswilligen" Macht, einer ahnungslosen, "dummen" oder "blinden" Allgemeinheit und dem "Widerstand" - quasi einer Gegen-Elite -, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Allgemeinheit aufzuklären und die Pläne der "Bösen" zu vereiteln, aufbaut. Das sind ja nicht nur die expliziten "Staatsverweigerer", wobei die meisten Verschwörungstheoretiker Staaten als "Handlanger des Bösen" bezeichnen.

    Und es hat den Anschein, dass immer mehr "normale" Menschen bereit sind, alles, was sie sehen, aus einer dieser verzerten "Schwarz-weiß-Perspektiven" zu sehen und ihre eigene Wahrnehmung dem "vorgezeichneten Bild" unterzuordnen. Aber das muss man doch "wollen", oder? Man muss sich doch freiwillig als hilfloses Opfer betrachten, um sich einem übermächtigen Feind derart ausgeliefert zu fühlen. Und damit bin ich wieder bei der Angst. Jedenfalls hätte ich Angst, wenn ich mit so einer Bedrohung "konfrontiert" wäre. Was also macht diese Angst so wertvoll, dass Menschen bereit sind, ihr ganzes Weltbild um sie herum zu konstruieren? Falls jemand eine Idee dazu hat: er möge es mir erklären.





    #2
    Ich kann Dir keine Erklärung geben. Kann es nicht sein, dass es der einzige Lebensinhalt solcher Spinner ist, sich in solchen fixen Ideen festzubeißen? Menschen, die ein 'normales' soziales Umfeld und auch eine Erwerbstätigkeit haben, verfallen diesen Ideen weniger bis gar nicht, denke ich.
    Zusätzlich scheint es ja Hochkonjunktur zu haben, Fakten und Realität zu leugnen, nun auch von staatlicher Seite (sh.Amerika). Die Machenschaften vieler Eliten sind auch dazu geeignet, den Glauben an die REchtschaffenheit der meisten Menschen zu verlieren.
    Das sind meine Gedanken zu diesem beängstigenden Thema. Ich schaue mir entsprechende Bericht im Fernsehen nicht mehr an. ImNetz surfe ich nicht viel.
    Zuletzt geändert von Tamina; 14.12.2017, 13:28. Grund: falsche Wort genutzt

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      #3
      Vermutlich ist Zeit ein wichtiger Faktor: wer sich mit einem Thema ausdauernd beschäftigt, vergräbt er sich vielleicht tief genug darin, um gar nicht mehr bis zum Tellerrand hoch, geschweige denn darüber hinaus zu sehen. Aber das erklärt für mich nicht das Interesse für das jeweilige "Thema" als solches. Und ich habe den Eindruck, dass es auch nicht von der Erwerbstätigkeit oder vom Bildungsgrad abhängt, ob jemand auf irgendwelchen Fake reinfällt, obwohl er eigentlich fähig sein müsste, Behauptungen zu überprüfen und zu erkennen, dass da was faul sein muss, weil beispielsweise die Quelle, auf die sich Behauptungen beziehen, nirgends auffindbar und nachprüfbar ist. Oder weil da letztendlich was ganz anderes drin steht als behauptet. Aber das liest anscheinend keiner nach.

      Soweit ich das bisher durchschaue, fängt es mit einem halbwegs plausiblen Thema an, dann wird die "Macht dahinter" eingeführt und erst wenn der Glaube an so eine Macht (und ihre unvorstellbare Bosheit) gefestigt ist, scheinen auch noch so absurde Ideen, was diese Macht so tut (und kann) plötzlich im Bereich des Möglichen zu liegen. Aber die Vorstellung von so einer Art von "Elite" ist in meinen Augen so weit jenseits von den tatsächlich existierenden "egoistischen" Gruppen und deren tatsächlichen Machenschaften, dass ich mich frage, wozu man so ein Feindbild konstruieren muss.

      Klar gibt es Lobbyismus und Einflussnahme auf die Regierung, um wirtschaftliche Interessen einzelner Gruppen auf Kosten anderer Gruppen durchzusetzen und Rechtschaffenheit passt da nicht so recht dazu - aber dazu braucht es doch keine "böswillige" Elite, die weltweit alles steuert und die Vernichtung der bestehenden Welt plant. Schon alleine der Gegensatz "wir" und "die Elite" hat für mich so einen Beigeschmack von Minderwertigkeitskomplex. Die Elite sind die Fähigsten einer Gruppe, die aufgrund ihrer Begabung beispielsweise am besten geeignet sind, die Gruppe zu leiten. Am anderen Ende des Spektrums stehen "die Unfähigen". Wer andere als Elite bezeichnet und sich selbst davon ausnimmt, scheint nicht viel von sich zu halten.

      Und irgendwie erinnert mich diese Darstellung einer "böse Elite" an die Geschichte vom bösen Wolf, in der den Kindern erzählt wurde, wie schrecklich der Wolf sei, mit glühenden Augen und riesigen Fangzähnen und struppigem Fell. Letztendlich werden die Kinder von Wölfen gefressen, weil sie die possierlichen Tierchen, die so gar nix mit dem beschriebenen Wolf zu tun hatten, nicht als Gefahr erkannt haben.

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        #4
        Ist es vielleicht der Versuch, die Welt zu vereinfachen und dadurch gefühlt sicherer/kontrollierbarer zu machen? Unsere Welt wird immer komplexer, die Anzahl der Grautöne steigt, wenig ist eindeutig gut oer böse. Mit dieser Ambivalenz und diesem Nicht-Wissen umzugehen, ist eine echte Herausforderung. Das Gefühl von Unsicherheit (= die Angst vor dem Unbekannten) könnte schwerer zu verkraften sein, als die Angst vor einem klaren Feindbild.

        Hast Du mal in der Psychologieabteilung nachgeforscht, einen Fachmann befragt? Es gibt sicher umfangreiche Studien zum Thema "Verschwörungstheorien", zieht sich ja durch die ganze menschliche Geschichte.

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          #5
          Zitat von FirstSunshine Beitrag anzeigen
          Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Frage der Persönlichkeit ist, aber es scheint mir durchaus eine Veranlagung zu mehr oder weniger "Ängstlichkeit" zu geben (...)

          Da hat beispielsweise ein Mann voller Überzeugung verkündet, da es keinen formalen Friedensvertrag gibt, befänden wir uns immernoch "im Krieg". Die internationale Anerkennung der 2+4-Gespräche als gleichwertigen Ersatz stellt er in Frage. Ein anderer hat verkündet, dass er als Staatsverweigerer selbstverständlich mit eigenen KFZ-Kennzeichen und ohne Haftpflichtversicherung rumfährt, da er ansonsten Kriegshandlungen (durch Börsengeschäfte der Versicherer) unterstützen würde. Sowas schockt mich. Der Typ ist total blank, lebt von HartzIV und wenn er jemanden bei einem Unfall schädigt, ist bei ihm nix zu holen und das Opfer bleibt auch noch auf den Kosten sitzen. Er scheint der Überzeugung zu sein, dass dieses Risiko gerechtfertigt ist. Es geht nur um "er gegen den Staat", alles andere blendet er aus (auch den Umstand, dass er Geld vom Staat nimmt und durch Steuern finanzierte Straßen befährt und somit den Staat letztendlich nur "teilverweigert").

          Da habe ich mich gefragt, was "solche Menschen" antreibt.
          Eine Form von Dummheit und Borniertheit. Beide generieren sich gegenseitig, halten sich zwangsläufig am Leben und sind steigerungsfähig.
          Ich lasse diese Antwort mal ganz bewusst als Provokation da. Für solche "Haltungen", wie du sie beschrieben hast, gibt es sicher die vielfältigsten entwicklungs- und verhaltenspsychologischen Erklärungen und soziale, kulturelle und evolutionstechnische "Rechtfertigungen", die - selbst wenn wir sie in Betracht ziehen und die Hintergründen aufklären würden - den Betroffenen - da sie nur das glauben, was sie glauben "können" - wahrscheinlich am Ar... vorbeigehen würden.
          Ihnen all das zu entziehen, an was sie sich weigern teilhaben zu wollen, geht auch (leider) nicht, weil der Staat sonst selbst "asozial" handeln müsste´... wiewohl entsprechende Erfahrungen bei den Betroffenen sicher Wirkung hinterlassen würden, ... zumindest eine Verhärtung ihrer Haltung, Einsicht eher nicht, sonst müssten sie ja etwas ändern. Und da es immer die Anderen sind, ...
          Und - wie du sagst - wie willst du einem Nackten in die Tasche greifen ?

          btw:
          Verschwörungen und Verschwörungstheorien sind eine Erfindung des Menschen und gründen auf (archaischen) religiösem, sozial oder politisch motiviertem, meist totalitärem Machtanspruch, manchmal mit dem Additiv, "zum Guten der Menschheit zu handeln" (historisch belegt) und in der Regel auf Kosten jener, die "verführt" werden, beziehungsweise sich verführen lassen, sei es aus ohnmächtiger existentieller Angst, und/oder um diese Ängste zu verdrängen, ... indem man sie "lustvoll lebt", ... indem man sich bemüht oder sich (verdrängend) wähnt, ein kleiner "mit-mächtiger" Teil dessen zu sein, was auf so "lustvolle Weise Angst machen kann".
          Verschwörungen und Verschwörungstheorien machen nicht nur Angst, sondern beflügeln auch die Phantasie und "fern jedem Realitätsbezug" auch die Kreativität --- schon Kinder spielen seit jeher gerne "Verschwörung" ...

          Allein schon den Fakt, dass wir hier über Verschwörungen schreiben, könnte "man" als Verschwörung "dagegen" interpretieren
          Zuletzt geändert von Shepherd; 15.12.2017, 15:12.

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            #6
            Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Frage der Persönlichkeit ist, aber es scheint mir durchaus eine Veranlagung zu mehr oder weniger "Ängstlichkeit" zu geben, deshalb setze ich das Thema mal in die Rubrik "Persönlichkeitsentwicklung".

            Gestern habe ich zufällig in eine Reportage über "Reichsbürger" und andere "Staatsverweigerer" gezappt und der Teil, den ich gesehen habe, hat mich sehr nachdenklich gestimmt. ........

            Da habe ich mich gefragt, was "solche Menschen" antreibt...
            ich würde mich hier nicht fragen, >was "solche" Menschen antreibt<
            sondern, warum ich "mir" bei diesem Thema diese Frage stelle, warum ist diese Thema an mich herangetreten?
            Was hat es mit mir zu tun. Welche Ressentiments/Ängste kommen hierbei für mich an die Oberfläche?




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              #7
              Ich finde es erschreckend, wie schnell man in die Verschwörungsecke abgestempelt wird.
              War das schon immer so?
              Oder ist das meine Wahrnehmung, da ich versuche mir eine eigene Meinung zu bilden, die mir nicht von Medien versucht wird näher zu bringen.

              Vielleicht hat es auch etwas mit uns Deutschen an sich zu tun. Das wir aufgrund des 2. Weltkrieges immer noch in der Schuld stehen. Als ich noch jünger war, dachte ich immer, ich hätte mich dagegen gestellt und reagiert. Mittlerweile ist das nicht mehr so.

              Das es sich um Menschen handelt, die nichts besseres zu tun haben glaube ich nicht. Sie hinterfragen Dinge einfach und entscheiden dann für sich, was sich richtig anfühlt.

              Wobei es bei dem angeführten Beispiel mit dem Autofahrer ohne Versicherung, ja dann an der Sache der Polizei wäre dort entgegen zu wirken. Sowas dürfte eigentlich nicht möglich sein.


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                #8
                Zitat von Muttutgut Beitrag anzeigen
                Das es sich um Menschen handelt, die nichts besseres zu tun haben glaube ich nicht. Sie hinterfragen Dinge einfach und entscheiden dann für sich, was sich richtig anfühlt.


                Wobei nicht immer alles, was sich "richtig" anfühlt, auch tatsächlich richtig ist. Ich denke, viele Anhänger von Verschwörungstheorien sind zutiefst davon überzeugt, dass sich ihre Ansicht richtig anfühlt - falsch ist es aber trotzdem.

                Ein besonders augenfälliges Beispiel ist meiner Meinung nach die in letzter Zeit zunehmende Anhängerschaft der "Flache-Erde-Theorie". Ich habe auf YT ein paar Videos von Anhängern dieser Theorie angeschaut, und sie wirken absolut überzeugt. Ich denke, für sie fühlt es sich total richtig an was sie behauptetn, und trotzdem ist es das nicht.

                Das Problem ist auch das ständige Hinterfragenwollen von allem, was man erfährt. Es ist natürlich gut und sinnvoll, manches zu hinterfragen, aber mir scheint, dass es von manchen Menschen übertrieben wird. Sie hinterfragen buchstäblich alles und kommen dann zu dem Ergebnis, dass es falsch sein müsse, weil es von "den Medien" so verkündet wird. So kommt es dann zu solch absurden Theorien wie der Flachen Erde: die Kugelerde ist Mainstream, aber der Mainstream muss hinterfragt und abgelehnt werden. Also bleibt nur übrig, sich einer Alternativtheorie anzuschließen, und da bleiben hauptsächlich die flache oder die hohle Erde, an die dann vehement geglaubt wird.

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                  #9
                  OT

                  Zitat von solipsist Beitrag anzeigen
                  Ein besonders augenfälliges Beispiel ist meiner Meinung nach die in letzter Zeit zunehmende Anhängerschaft der "Flache-Erde-Theorie". Ich habe auf YT ein paar Videos von Anhängern dieser Theorie angeschaut, und sie wirken absolut überzeugt. Ich denke, für sie fühlt es sich total richtig an was sie behauptetn, und trotzdem ist es das nicht.
                  Dass es für die Verfechter einer "flachen Erde" nicht "richtig" sei, dass die Erde ein mehr oder weniger kugelförmiger Planet ist, lässt mich (unter anderem) darauf schließen, dass diese Menschen noch der Bewusstseinsstufe des zweidimensionalen Schauens und Reflektierens verhaftet sind und die Welt vielleicht noch so sehen, wie der Spieler die Darstellung und Bewegungen in einem Jump-and-Run-Game ... oder wie die Wandillustrationen der alten Ägypter.


                  OT

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                    #10
                    Wobei nicht immer alles, was sich "richtig" anfühlt, auch tatsächlich richtig ist. Ich denke, viele Anhänger von Verschwörungstheorien sind zutiefst davon überzeugt, dass sich ihre Ansicht richtig anfühlt - falsch ist es aber trotzdem.
                    Ich stelle mal eine Frage in den Raum: Wer oder Was kann letztendlich, unangefochten mit absoluter Sicherheit sagen, was richtig/was falsch ist? WER?

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                      #11
                      Zitat von Faszinosum Beitrag anzeigen

                      Ich stelle mal eine Frage in den Raum: Wer oder Was kann letztendlich, unangefochten mit absoluter Sicherheit sagen, was richtig/was falsch ist? WER?
                      Wahrscheinlich niemand, aber dann kann man natürlich auch die alternativen Medien und das eigene Gefühl auch genauso hinterfragen. Denn auch hier kann man nicht sicher sein, dass man richtig liegt. Wieso sind die Leser alternativer Medien eigentlich häufig so sicher, dass sie hier die Wahrheit vorfinden? Warum wird hier weniger stark hinterfragt als bei den "Mainstream-Medien"?

                      Wie gesagt: mit diesem Gedanken kann man eigentlich gar nichts und niemandem trauen. Aber wenn ich alles und jedes ständig hinterfrage, dann kann ich doch eigentlich gar nicht mehr richtig mein Leben leben, denn wer weiß, ob nicht alles nur eine Vision ist, was ich als Realität empfinde?

                      Meiner Ansicht nach braucht man ein gewisses Vertrauen in die Menschheit, um sein Leben "auf die Reihe" zu bekommen, sonst kann man vor lauter Misstrauen und ewigem Hinterfragen keinen Fuß mehr vor den anderen setzen.

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                        #12
                        Gedanken dazu

                        ....das eigene Gefühl auch genauso hinterfragen.
                        Gerade das!

                        Fühlt man sich wohl und geborgen, erübrigt sich das hinterfragen. Fühlt man sich unwohl, ist es ratsam zu hinterfragen um in den Zustand des Wohlbefindens zurückzuverlangen.

                        ?....denn wer weiß, ob nicht alles nur eine Vision ist, was ich als Realität empfinde?
                        Eine Vision(Realität) von Vielen?

                        Leben wir einen lebendigen Traum? In einer Traumwelt, wie die Aborigines es beschreiben?

                        Welcher (Verschwörungs)Traum ist richtig/gültig? Sind sie alle gültig? An welchem (Nicht)Ort finden sie statt?

                        Meiner Ansicht nach braucht man ein gewisses Vertrauen in die Menschheit, um sein Leben "auf die Reihe" zu bekommen, sonst kann man vor lauter Misstrauen und ewigem Hinterfragen keinen Fuß mehr vor den anderen setzen.
                        Ist es nicht sinnlos, das Pferd von hinten aufzuzäumen.

                        Vertrauen in die Menschheit zu erlangen, benötigt ausschließlich erst uneingeschränktes Vertrauen in sich selbst zu haben voraus. Hat man dies, erübrigt sich jegliches Misstrauen von alleine.

                        Alles ist möglich und denkbar und gültig.

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                          #13
                          Und es hat den Anschein, dass immer mehr "normale" Menschen bereit sind, alles, was sie sehen, aus einer dieser verzerten "Schwarz-weiß-Perspektiven" zu sehen und ihre eigene Wahrnehmung dem "vorgezeichneten Bild" unterzuordnen. Aber das muss man doch "wollen", oder? Man muss sich doch freiwillig als hilfloses Opfer betrachten, um sich einem übermächtigen Feind derart ausgeliefert zu fühlen.
                          liebe Sunny,

                          du wolltest auf das thema angst hinaus, nicht auf das thema meinungsvielfalt, gell?

                          bzw, was diese menschen antreibt.

                          ich denke, es gibt verschiedene motive:
                          - angst dass andere einem etwas wegnehmen (flüchtlinge) oder vorenthalten (politik)
                          - zugehörigkeitsgefühl zu einer gruppe (wir gegen euch)
                          - ablenkungsmanöver von der eigenen unzulänglichkeit (wenig bis keine bildung, dementsprechende jobsituation)
                          - mangelnde weitsicht (wer durchschaut wirklich die komplexität eines demokratischen staatsapparats und allem was dazu gehört)

                          außerdem geht jammern immer, da findet sich immer schnell jemand, der mit einstimmt.

                          ich empfinde diesen trend nicht als auffällig häufig. außenseiter und andersdenkende gab es schon immer, so lange diese unbedeutend bleiben und ich weiterhin frei in meinen entscheidungen bin, wie das aktuell der fall ist, sollen diese an ihre ideen glauben (so lange sie niemand damit schaden natürlich!).

                          mich beschäftigt die armut und alles elend was damit zusammenhängt, viel mehr. eine sache des fokusses?

                          liebe grüße

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                            #14
                            Da ist ja einiges zusammengekommen!

                            Ich habe gestern zum Antworten angesetzt, wurde aber mehrfach unterbrochen und heute finde ich auch nicht die Ruhe dazu. Deshalb mag ich wenigstens kurz dalassen, dass ich eure Beiträge gelesen habe.

                            Kommentar


                              #15
                              So, jetzt mit etwas mehr Zeit und nachdem ich die Reportage von Anke Engelke gesehen habe und auch etwas Zeit hatte, Eure Antworten sickern zu lassen.

                              Ich habe mich durchaus mit dem psychologischen Anstatz befasst, aber was ich da gefunden habe, greift mit irgendwie zu kurz. Da findet sich oft der Ausdruck "psychische Vorbelastung" in Bezug auf Ängstlichkeit und Misstrauen und ich kenne durchaus jemanden, durch den ich vor Jahren zum ersten Mal Kontakt mit einer Verschwörungstheorie bis hin zu vermeintlicher "Gedankenkontrolle" hatte und der letztendlich als schizophren diagnostiziert wurde, und ich kenne eine Tendenz, mich selbst in depressiven Phasen von gewissen Ereignissen mehr ängstigen zu lassen als üblich - aber irgendwie finde ich diesen Ansatz zu "pathologisierend": die sind halt "krank im Kopf". Das kann es nicht sein, es können doch nicht in so kurzer Zeit so viele psychisch Labile und unerkannte Schizophrene und Depressive aufgetaucht sein.

                              Oft ist auch die Rede von Menschen, die sich "abgehängt" fühlen, benachteiligt und ungerecht behandelt. Nicht von konkreten Personen, sondern letztendlich von "allen anderen", wobei jede Person dann für sie zum Repräsentant dieser "anderen" werden kann. Aber auch da frage ich mich, woher dieses Gefühl kommt. Ja, es gibt durchaus Misstände, Armut und Ungerechtigkeiten, auch in unserem sicheren und reichen Land, aber wieso gibt es plötzlich so viele Menschen, die sich außerstande sehen, sich wieder "anzuhängen" oder ganz praktisch etwas gegen die Misstände zu tun, anstatt sich in ein "Freund-Feind-Szenario" zu flüchten, in dem man den Staat, in dem man lebt, für "nichtig" erklärt, ihn aber auch nicht verlässt oder zu seiner Verbesserung beiträgt? Ich finde nun nicht, dass der Staat "asozial" werden und diesen Leuten die Sozialhilfe streichen müsste. Wobei ich denke, dass eher andersrum ein Schuh draus wird: Weil der Staat ihrer Meinung nach so "asozial" ist, glauben sie im Recht zu sein, wenn sie sich an der Gemeinschaft, von der sie sich ja "offiziell losgesagt" haben, schadlos halten. "Die anderen" sind ja der Feind oder bestenfalls dumme Schafe und haben es nicht besser verdient. Aber die finanzielle Frage und die Konsequenz, mit der man sich von einer Gemeinschaft lossagt, ist für mich eher ein Nebenaspekt. Ich habe durchaus den Eindruck, dass auch Arbeitnehmer, die gut verdienen und nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, mit Verschwörungstheorien sympathsierien, vermutlich eher als die, denen es wirklich so dreckig geht, dass sie mit überleben beschäftigt sind und gar keine Kapazität für solche Ideen übrig haben.

                              Möglicherweise hilft "die eine Angst" tatsächlich, eine andere Angst in den Griff zu bekommen, aber das ist ja nur "die halbe Lösung" auf dem Weg zu einem (angst)freien Leben. Ich verstehe nicht, warum jemand sich selbst beispielsweise mit der Vorstellung, sich im Krieg zu befinden und ständig "bedroht" zu sein, so einen Stress macht. Aber ich schätze, Angst ist nur ein Teilaspekt der Verschwörungsgedankenwelt. Darauf will ich nicht explizit raus, mir sind nur die beiden Reportagen zufällig zeitnah begegnet und ich habe sie auf einen Zusammenhang abgeklopft. Worauf ich eigentlich raus will, ist wohl "Lebensqualität". Ich kann mir nicht vorstellen, dass selbst das Gefühl, eine (selbstkonstruierte) Gefahr oder Bedrohung auszuhalten, letztendlich zu einer wirklichen Lebensqualität führt, auch wenn die Gefahr konstruiert wurde, um mit der bisherigen "schlechten" Lebensqualität besser klar zu kommen.

                              Mit Verschwörungstheorie meine ich auch nicht so "harmlose" Dinge wie die Vorstellung, dass eine kleine Gruppe verdächtigt wird, sich wegen eines ganz konkreten Vorteils in einem Einzelfall "verschworen" zu haben, auch wenn das teilweise offiziell auch als Verschwörungstheorie gilt. Was mir Sorgen macht, ist die kursierende Vorstellung von einer weltweiten Vereinigung, die einen Wahnsinnsaufwand betreibt, etwas für alle / viele Menschen Schädliches zu tun und ihr Tun zu vertuschen, die in mehreren Verschwörungstheorien zu finden ist. Das scheint mir eine heftige Steigerung im Vergleich zu älteren Verschwörungstheorien der Menschheitsgeschichte zu sein.

                              Je mehr "Verschwörer" beteiligt sind und je weiter sie verstreut sind, umso aufwändiger würde ja auch der "Vertuschungsaufwand". Die Machtzuschreibung an die "Verschwörer" erscheint mir dadurch heutzutage viel größer zu sein. Es kommt mir vor, als müsste ein neuer "Satan" erfunden werden, um den sich eine Art Ersatzreligion rankt. Es scheint wirklich eine Art von Glaubensfrage zu sein, ob man an Zufälle glaubt bzw. an unabhängige, kleine "Verschwörergruppen" oder an eine übermächtige "Weltverschwörung". Aber wo ist da der "göttliche" Gegenpart, der genauso "mächtig" ist und die Angst vor dieser Gefahr nimmt? Ich halte es ja mit den Onkelz und sage immer "wer keine Angst vor'm Teufel hat, der braucht auch keinen Gott", aber wer sich einen beängstigenden "Teufel" erschafft, der braucht doch auch einen "rettenden Gott" dazu, oder?

                              Vielleicht ist das der Punkt, an dem sich die Verbreiter von Verschwörungstheorien untereinander unterscheiden: die einen, denen es wirklich um einen Machtanspruch, im Sinne eines Gottes oder Gurus, geht, der die Menschheit retten kann, und die mit Gegenmittelchen, Vorträgen und Büchern zum Thema ihren Lebensunterhalt bestreiten, und die anderen, die tasächlich glauben, was sie verbreiten.

                              Als Kind fand ich die Bücher von Däniken total faszinierend - seine Ideen gelten offiziell auch als Verschwörungstheorie -, aber dabei war mir immer klar: das ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Es könnte sein, dass es nicht nur hier auf der Erde die unterschiedlichsten Lebensformen gibt sondern auch außerhalb, und es war nie ein bedrohliches Szenario, dass diese "Wesen" mal neugierig hier reingeschnuppert haben und den Menschen ein paar Tipps für eine schnellere Entwicklung hin zu besserer Lebensqualität gegeben haben könnten. Das hat meine Phantansie durchaus beflügelt und war sicher ein Input, der sich in kreativen Output - beispielsweise eigenen Science Fiction Geschichten - verwandelt hat.

                              Solange Verschwörungsideen Phantasie bleiben und als solche selbst noch erkannt werden, ist ja alles im grünen Bereich, nur scheinen sie für inzwischen ziemlich viele Menschen "lebensbestimmend" zu sein. Das "Böse" ist keine Phantasie mehr, das ist in der Wahrnehmung Betroffener "echt". Total faszinierend und auch beängstigend finde ich, wie leicht es zu sein scheint, selbst die Wahrnehmung der Leute mit einer Theorie so zu beeinflussen, dass sie anfangen "Dinge zu sehen", die andere Menschen, die teilweise sogar extra hinschauen, um es viellelicht auch zu sehen, nicht erkennen können - aber die lügen ja dann alle.

                              Hier passt Faszinosums Frage rein, wer denn mit absoluter Sicherheit sagen kann, was richtig oder falsch (bzw. real oder nicht real) ist. Und meine Antwort lautet: Nun, das kann keiner.

                              Ich finde die Frage so allgemein gefasst auch nicht passend. Das menschliche Denken ist mehr ein Verknüpfung von Gefühl und logischer Analyse, um Wahrscheinlichkeiten auszumachen, die einem bei der Orientierung in der Welt und den weiteren Schritten durch diese Welt helfen. Es kommt auch immer auf den Bezugsrahmen an: in einem rein logischen Rahmen mag es richtig sein, ein Leben zu opfern, um 100 zu retten, in einem emotionalen Rahmen mag es richtig sein, 100 Leben zu riskieren, um eins zu retten. Was ist da jetzt "richtig" oder "falsch"? Meiner Meinung nach kann man so eine Frage nicht allgemein beantworten. Es ist aber auch nicht nötig.

                              Interessanter finde ich die Frage, was an dem Thema mit mir zu tun hat, was es in mir "anspricht".

                              Einerseits sicher die Sorge, die Welt nicht (mehr) ausreichend zu verstehen, um mein Kind gut darauf vorbereiten zu können. Die Sorge, dass sich gerade die Reichsbürgeridee weiter ausbreitet und nicht klar ist, wo überall sich ein Waffennarr in ständiger Habt-Acht-Stellung bedroht fühlen und deshalb einem "gefühlten Feind" eine Kugel in den Rücken jagen könnte. Muss ich meinem Kind Misstrauen "beibringen", damit es in einer von Misstrauischen durchsetzten Welt überleben kann? Muss ich ihm beibringen, seine kindliche Bereitschaft, jeden Menschen - egal welcher Herkunft - erst mal als potentiellen Freund zu betrachten, zu verheimlichen (oder gar abzulegen), weil es sonst vielleicht eines Tages als "Volksfeind" totgeschlagen wird?

                              Ok, es sind inzwischen "erst" geschätzte zwanzig- bis vierzigtausend Reichsbürger, das macht in einer Bevölkerung von 80 Millionen nicht besonders viel aus, aber ich würde da schon gerne für mich einschätzen können, wie sich die Zahl entwickeln könnte, um dann auf meine Prognose hin zu entscheiden, wie ich mich in dem Punkt verhalte. Und dazu brauche ich eine Vorstellung davon, was Menschen dazu bringt, sich so einer Gruppe anzuschließen und eben auch, wie sie überhaupt an eine Idee glauben können, die zu so einer "Verteidigungsbereitschaft" führt.

                              Zum Aspekt der "gefühlten Bedrohung" der Reichsbürger passt vielleicht auch die Frage, inwiefern Gefühl und Verstand Hand in Hand gehen und inwieweit man sich darauf verlassen kann, dass sich etwas "richtig anfühlt" bzw. inwieweit man auch sein Gefühl mit dem Verstand "abklopfen" sollte. Da kommen dann wohl wieder die individuellen Aspekte der Entwicklung und persönliche Hintergründe ins Spiel, die das eigene Gefühl "geschult" haben und möglicherweise eine andere, "realistischere" Sicht der Dinge blockieren. Dass jemand im festen Glauben, sich zu verteidigen, "angreift", lässt sich ja im Alltag oft beobachten, nur wird da meist mit Worten und nicht mit Waffen "gekämpft".

                              Andererseits kommt bei dem Thema auch wieder Wut in mir hoch über die "Arschlöcher" und "verblendeten Idioten", die meinen Freund damals in die Verschwörungsangst getrieben und dafür gesorgt haben, dass er nur ja nicht "vom Glauben abfällt" sondern seine eigene Familie und Freunde als "Handlanger des Bösen" sieht, so dass er jede Unterstützung verweigert hat bis er so krank war, dass nur noch "wegsperren" möglich war. Das sind dann wohl die "Ressentiments". Eine tiefe Abneigung gegen Leute, die "so eine Scheiße" verbreiten und sowieso schon ängsliche Menschen noch weiter in die Isolation treiben, ihnen jede Handlungsmöglichkeit im Angesicht einer derart "übermächtigen Bedrohung" nehmen, obwohl sie durchaus Chancen gehabt hätten, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen, wenn sie nicht solchen Psychopathen in die Hände gefallen wären. Da frage ich mich: was kann ein Mensch davon haben, einem anderen Menschen derart das Leben zu zerstören? Was für ein Arschloch muss man sein, um sowas zu tun?!

                              Und irgendwo war da auch die Frage: inwieweit bin ich selbst für "sowas" anfällig? Wie weit tragen meine "Schutzfunktionen" und meine Fähigkeit, in emotional belastenden Situationen nicht buchstäblich "den Verstand zu verlieren", sondern erst mal tief durchzuatmen und zu analysieren, was "tatsächlich greifbar" ist und was nur "belastendes Gefühl" ist, was "Fakenews" und was plausibel, bevor ich überreagiere oder wie gelähmt dastehe.

                              Aber nachdem ich die Reportage zum Thema Angst inzwischen gesehen habe, bin ich mir wieder ziemlich sicher, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird, und Angst eigentlich überflüssig ist - auch vor "Spinnern" aller Art, die an Krieg, Scheibenwelt oder Aluminiumregen glauben. Egal, ob ich die Welt nun verstehe oder nicht: das Leben wird uns schon durch alle Irrungen und Wirrungen tragen.

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