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Fragen zu Therapie

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    Fragen zu Therapie

    Hallo zusammen,

    ich beginne hier mal einen neuen "Therapie-Thread", um neuen Gedanken, Fragen, Einsichten, die sich in frischen Gesprächssitzungen ergeben haben, einen angemessenen Platz zu schaffen. Jede/r ist herzlich eingeladen, seine Erfahrungen und Fragen zur eigenen Therapie zu posten.

    meine erste Frage:

    1. Wieviel sollte der Therapeut in Erinnerung behalten?
    Es gab zweimal die Situation, in der ich, auf eine Frage zu meiner Biografie, etwas erzählte, was ich bereits vorher schon einmal in einer früheren Sitzung erwähnt hatte. Reine Fakten, aber wie ich finde, relevante Ereignisse in meinem Leben.
    Der Therapeut schrieb sich alles erneut auf seinen Notizzettel. Hier fragte ich mich, wie wichtig das, was ich erzähle, wirklich ist, wenn es in jeder Sitzung beim Therapeuten erst wieder neu in Erinnerung gerufen werden muss?
    Könnt ihr mir sagen, wie Therapeuten den Überblick bewahren und den roten Faden erkennen, bei all ihren Patienten und deren unterschiedlichen Geschichten? Haben sie den überhaupt?

    2. Mein erstes Thema scheinen meine Schwierigkeiten zu sein, meine Trauer und meinen Schmerz zuzulassen, zu spüren und ausgiebig zum Ausdruck zu bringen. Beim ersten Treffen musste ich bereits weinen und sah auch bei meinem Therapeuten Tränen in den Augen, was mich nicht störte oder weiter beschäftigte, was ich aber sympathisch fand. In der dritten Sitzung war ich wieder am Schluchzen, konnte aber nicht "richtig" weinen. Auf die Frage, weshalb nicht, konnte ich keine Antwort finden. Seine Deutung war, dass ich ihn vielleicht damit nicht traurig machen wolle, und zwar ihn als Menschen. Ich war etwas verdutzt und sagte ihm, dass ich das nicht so sehe, und dass es mir eigentlich egal sei, schließlich sei dies Teil seines Berufes und er müsse damit umgehen können. Er schien erfreut.
    Meine Frage: Haben wir hier nicht eigentlich über SEIN Problem geredet? Ich konnte diese Deutung so überhaupt nicht nachvollziehen.

    Das hört sich jetzt eher negativ an. Generell bin ich aber sehr zufrieden und bemerke an mir Veränderungen, die ich als heilsame Bereicherung wahrnehme. Auch eine Vertrauensbasis hat sich schon herauskristallisiert, da ich nach einigem Zögern auch "peinliche" Themen ansprechen kann.
    Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Therapeuten fehlen mir. Ich könnte also nicht sagen, hier sitzt mir jemand gegenüber, der professionell arbeitet. Was darf ich erwarten? Ist es eurer Meinung nach unbedingt anzuraten, mehrere Kennenlerngespräche mit unterschiedlichen Therapeuten zu führen, bevor man sich festlegt?

    Liebe Grüße

    Kim

    #2
    Hallo Kim,

    wenn du dich generell gut aufgehoben fühlst und Fortschritte erkennst, scheinst du ja "an den Richtigen" geraten zu sein.

    Zu Punkt 1. Der Therapeut schreibt nicht nur mit, um die Fakten für sich zu dokumentieren. Er dokumentiert auch, wie oft und wie lange ein Ereignis für dich erwähnenswert ist und wie du es beschreibst. So im Sinne von: Patient XY erwähnt in drei Sitzungen in Folge, dass... , äußert aber, dass es ihn nicht emotional betrifft. (Ja, warum erzählt er es dann wohl? ) Zum Roten Faden: Wenn du hier im Forum mitliest und mitschreibst, kannst du ja auch den Nicks eine Geschichte und Themenbereiche oder Problemfelder zuordnen. Als Kundenberater kennst du deine Kunden und ein Therapeut kennt seine Patienten.


    Zu Punkt 2: Vielleicht sieht er das als Fortschritt in deiner Entwicklung. Im Sinne von: Patient XY schafft es nicht zwischen privaten und beruflichen Kontakten zu unterscheiden sondern will es allen auf der Gefühlsebene recht machen. In der Therapie kann er aber die Rolle des Therapeuten richtig einschätzen.

    Was erwartest du denn von einem Therapeuten? Soweit ich diesen Berufszweig beurteilen kann, sind das Menschen mit einem theoretischen Wissen über die Psyche, Erfahrung und hoffentlich Einfühlungsvermögen. Sie schauen sich nicht einfach einen Patienten an und können ihm nach dem dritten Satz detailgenau sein "Problem" nennen und Lösungen anbieten. Er lernt dich kennen, entwickelt eine Vorstellung wie du tickst und warum das nicht gut für dich ist und klopft diese Theorie in weiteren Gesprächen ab, sucht Ursachen, grenzt ein, korrigiert, ...

    Ich hoffe, damit keinem Therapeuten auf dem Schlips getreten zu sein.

    Es steht dir jederzeit frei, deinen Therapeuten drauf anzusprechen, wenn dir etwas unverständlich oder "daneben" erscheint.

    Liebe Grüße
    Sunshine

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      #3
      Hallo Sunshine,

      vielen Dank für deine Gedanken zu meinen Fragen.

      Soweit ich diesen Berufszweig beurteilen kann, sind das Menschen mit einem theoretischen Wissen über die Psyche, Erfahrung und hoffentlich Einfühlungsvermögen. Sie schauen sich nicht einfach einen Patienten an und können ihm nach dem dritten Satz detailgenau sein "Problem" nennen und Lösungen anbieten. Er lernt dich kennen, entwickelt eine Vorstellung wie du tickst und warum das nicht gut für dich ist und klopft diese Theorie in weiteren Gesprächen ab, sucht Ursachen, grenzt ein, korrigiert, ...
      Gut, dass mir das mal gesagt wurde. Ich denke, ich bin da mit einer etwas verzerrten Vorstellung und unrealistischen Erwartungen herangegangen. Natürlich kann er mir nicht auf Anhieb sofort meine Probleme und Wünsche von den Augen ablesen, drückt dann die richtigen Knöpfe meiner Psyche und schaut wie ich reagiere und zum Positiven hin verändere. Mitarbeiten heißt auch, sich zu öffnen, um dem anderen die Möglichkeit zu geben, mich kennenzulernen, um mir helfen zu können.

      Ich habe bemerkt, dass ich in den Gesprächen häufiger auf die Meta-Ebene springe, kommentiere und nachfrage, vor allem wenn es darum geht, meine Gefühle zu verfolgen und zu benennen. Vielleicht ist dies eine Form des Widerstands, meine Gefühle nicht zuzulassen.

      Ich fühle mich etwas unter Erwartungsdruck, weil er meinte, ich könne ja mal einfach 10 Minuten weinen und damit das Gespräch unterbrechen. Irgendwie klappt das aber nicht.

      Viele Grüße
      Kim

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        #4
        Liebe Kim!

        Bin grad nicht viel hier im Forum, aber doch kurz zu deinen Fragen:

        das mit dem Erinnern.... Du kannst nachfragen. Es gibt so viele verschiedene Motivationen mitzuschreiben, wie es Theras gibt... Vielleicht ist seine: beim Mitschreiben bin ich aufmerksamer. Vielleicht ist es: das hilft mir vor allem, den Krankenkassenantrag besser zu schreiben, vielleicht ist es... Ich erwarte von Theras und Supervisoren (von der zweiten Sorte hab ich schon mehr in meinem Leben gehabt) nicht, dass sie sich an alles erinnern, sondern dass sie das, was mir JETZT wichtig ist, aufnehmen können. Und wenn sie mein Bild mit Puzzlesteinen von früheren Erzählungen anfüllen können, bin ich dankbar. Aber für mich muss ein Therapeut z. B. nicht die Namen all meiner Geschwister wissen oder nach der 2. Stunde den Beruf meines Vaters... Und weisst du, warum? Weil ich mir das auch nicht merken könnte Mir ist es ja manchmal total peinlich, wenn ich schon wieder Namen vergessen habe und wieder nachfragen muss im alltäglichen Leben, wie viel peinlicher wäre es mir als Therapeutin dann... huuuuuuuuu..

        Und das mit der Frage, die dich verwirrt hat: Ich denke wirklich auch wie sunshine, es ging um dich. Aber zum einen gibt es sicher einige Leute, die ihre eigenen Gefühle nicht zeigen, weil sie andere (auch ihre TherapeutInnen) nicht auch noch traurig machen wollen und zum anderen ist die Beziehung zwischen TherapeutIn und KlientIn ein Spiegelbild für Alltagsprobleme. Wenn du dich leicht von Menschen angegriffen fühlst, wirst du dich auch irgendwann mal von deinem Therapeuten angegriffen fühlen - und die Riesenlernchance ist es dann, genau das ins Wort zu bringen und mit ihm/ihr vor Ort anzuschauen. Genau daran wirst du dann ganz viel lernen können, warum du dich angegriffen fühlst, was dieses Gefühl auslöst, woher es kommt, wie du damit umgehen kannst etc... das mit dem sich angegriffen fühlen ist ein Beispiel, es funktioniert genauso mit manipuliert, nicht wahrgenommen, auf die Seite gestellt oder sonst was auch immer du an Gefühlen im zwischenmenschlichen Bereich entwickelt hast, die dir nicht dienlich sind. Der Prozess nennt sich Übertragung. Und es ist unangenehm, durch Übertragungsprozesse zu gehen - aber unglaublich heilsam und wirkungsvoll.


        Und noch deine letzte Frage: das mit dem probatorischen Sitzungen... Ich glaube, da musst du deine Antwort drauf selber finden. Ich finde den Vergleich mit dem Autokauf schon gut. Da ist es den meisten von uns ganz wichtig, viele verschiedene Modelle angeschaut und probegefahren zu haben vor dem Kauf. Ich selber wäre der Typ, dass ich zum Autohändler ginge, nachschauen würde, ob ein Auto grad in meiner Preiskategorie meinen Erwartungen entspricht und nach ner Probefahrt mich entscheiden - auch wenn meine Auto-Fan-Kollegen nur den Kopf schütteln würden darüber... Aber wenn das Auto für mich doch passt, dann brauch ich doch nicht ständig darüber nachdenken, ob ich für etwas weniger Geld einen etwas besseren Wagen gefunden hätte - aber dafür mehrere meiner kostbaren freien Tage hätte opfern müssen....

        Ich hoffe, du kannst was damit anfangen...

        Hast du die anderen Fäden, die es grad über Therapieerfahrungen hier gibt, auch schon entdeckt und gelesen?

        herzlich

        ashira

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          #5
          Und ergänzend: vielleicht kann eines deiner Therapieziele auch sein: Vertrauen entwicklen und Kontrolle abgeben? Das könnte ein Thema bei dir sein. Ein anderes, das durchdringt: Erwartungsdruck. Wenn der Therapeut wirklich von dir erwarten würde, dass du grad mal schnell 10 Minuten zwischendurch weinst, fände ich das seltsam... Ich weiss, es gibt alles - auch und vielleicht gerade unter Therapeuten..

          jetzt mach ich aber stopp - sonst mach ich deinem Thera noch Konkurrenz ...

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            #6
            Hallo Kim!

            Eine Freundin hat mir das Forum empfohlen, und ich dachte ich lese mal ein bisschen, was da so geschrieben wird, und gleich stolperte ich über diesen Deinen Beitrag, und der erinnerte mich derart an eine vor ein paar Jahren gemachte Therapie, dass ich mich gleich anmelden und Dir schreiben musste.

            Der Therapeut gab gerne und ausführlich psychologische Erklärungen ab, nannte Fachbegriffe, und ich war wissbegierig, sog es geradezu auf, dachte meine Probleme wären schon halb gelöst, wenn er erkannt hätte, was es wäre, ihm einen Namen geben könnte und daher auch wüsste was zu tun sein. Ich hatte mich gründlich geirrt .. ..

            Später war ich bei einer Therapeutin, die mir viel mehr als dieser Mann zuvor geholfen hat mich selbst zu verstehen, meinen Gefühlen nahezukommen, meine innere Stimme (innere Weisheit) wahrzunehmen, und das ganz ohne solche Erklärungskonstrukte und Fachbegriffe. Mein Part war dabei nicht Informationen von mir zu geben, aus der sie eine Diagnose erstellen und mir Tipps geben konnte, sondern die Entwicklung kam durch ihre Unterstützung von innen heraus. Dies hat mein Leben und mein Selbstverständnis deutlich geändert (wenn auch ganz anders als ich es mir vorher vorgestellt hatte).

            Das soll nun natürlich nicht heißen, dass Dein Therapeut bzw. die Therapie schlecht für Dich ist. Ich kann nur von meinen Erfahrungen berichten, und es ist mir klar, dass es für andere ganz anders sein kann. Aber vielleicht regt es Dich an, zu weiterer Aufmerksam Dir selbst gegenüber, zu Überlegungen, zu weiteren Fragen .. ..?

            Liebe Grüße
            Veronika

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              #7
              Hallo ashira und Fjäril;

              Vielen Dank für eure Gedanken zu meinem Thema. Sie haben mir einige wertvolle Einsichten ermöglicht.

              Vielleicht ist es: das hilft mir vor allem, den Krankenkassenantrag besser zu schreiben
              Ich vermute, das wird es sein. Ich bringe zu jeder Sitzung den Antrag mit, aber bislang wurde stets auf die nächste Sitzung verwiesen. Vielleicht fehlt ihm einfach noch das passende Material?

              zum anderen ist die Beziehung zwischen TherapeutIn und KlientIn ein Spiegelbild für Alltagsprobleme. Wenn du dich leicht von Menschen angegriffen fühlst, wirst du dich auch irgendwann mal von deinem Therapeuten angegriffen fühlen - und die Riesenlernchance ist es dann, genau das ins Wort zu bringen und mit ihm/ihr vor Ort anzuschauen
              Damit agiere ich quasi im kleinen Mikrobereich meine längerfristigen Alltagsprobleme aus. Hmm, es gab da schon einige Situationen, in denen ich mich abgewertet, nicht ernst genommen, lächerlich, fehl am Platze gefühlt habe. WErde zukünftig mal stärker darauf achten und es ggf. auch ansprechen.
              Diese Übertragungsgefühle empfinde ich allerdings nicht ständig im Alltagsleben, nur in schwachen, verletzlichen Momenten.
              Bislang habe ich davor zurückgeschreckt, meine "negativen" Gefühle anzusprechen, in der Befürchtung, dass der Therapeut dann evtl. eine Behandlung ablehnt. Wir sind ja noch in den probatorischen Sitzungen und ich hege ja die Hoffnung, dass es danach weitergehen kann.
              Vllt ist das ja auch schon Teil meiner Problematik?

              Aber wenn das Auto für mich doch passt, dann brauch ich doch nicht ständig darüber nachdenken, ob ich für etwas weniger Geld einen etwas besseren Wagen gefunden hätte - aber dafür mehrere meiner kostbaren freien Tage hätte opfern müssen....
              Meine Rede! So habe ich mein letztes Auto erstanden. Ich würde es nicht als 100% "passgenau" beschreiben, aber es fährt doch wie am Schnürchen und erfüllt seine Funktion. (Vorteil: ein Auto selbst kann mir nicht sagen, dass es nicht mit mir fahren will. Ein Therapeut kann aber ablehnen, wenn er die Fahrerei mit mir als Zeitverschwendung betrachtet. Diese Grundbefürchtung trage ich z.Z. noch in jedes Therapietreffen hinein)

              vielleicht kann eines deiner Therapieziele auch sein: Vertrauen entwicklen und Kontrolle abgeben? Das könnte ein Thema bei dir sein
              Passt! Kontrolliertheit und nicht aus sich herauskönnen angesichts eines Vaters, der seine Sucht nie unter "Kontrolle" bekommen hat.

              @Veronika:
              Der Therapeut gab gerne und ausführlich psychologische Erklärungen ab, nannte Fachbegriffe, und ich war wissbegierig, sog es geradezu auf, dachte meine Probleme wären schon halb gelöst, wenn er erkannt hätte, was es wäre, ihm einen Namen geben könnte und daher auch wüsste was zu tun sein. Ich hatte mich gründlich geirrt .. ..
              Dann hat er dir ja mit seinen Erklärungen die ganze Arbeit abnehmen wollen, oder? Schön, dass du noch eine Therapeutin gefunden hast, die dich emotional angesprochen hat. Ist ja vllt das wichtige Moment überhaupt in einer Therapie.
              Mein Therapeut, obwohl ein Mann, hat mich diesbzgl. noch nicht enttäuscht, und wirkt auch schon in mir drin, wenn man das so sagen kann. Ich denke auch, dass beide Pole zu spüren sein müssen.

              Wie hast du auf die für dich nicht zutreffenden Deutungen deines Therapeuten reagiert? Hast du es angesprochen? Ich bin noch am zögern, schlucke erst einmal, will mich noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen...

              Liebe Grüße
              Kim

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                #8
                Hallo Kim!
                Wie habe ich reagiert? Leider gar nicht. Das ist ein bisschen kompliziert .. ..

                Ich hatte eine Vorstellung von Psychotherapie, über die ich mich heute selbst wundere. Aber es hat sich aus meinem Leben halt so entwickelt. Ich sah in dem Therapeuten einen Fachmann, der meine „kaputte“ Psyche repariert, und ich habe ihm so vertraut, dass ich alles, was mich störte, quasi unter den Teppich kehrte.

                Ich war von einer Ärztin wegen des Verdachts auf Psychosomatik an ihn verwiesen worden, und er hatte mir versprochen, dass ich in ein bis drei Jahren mit seiner Hilfe gesund sein würde – das wollte ich unbedingt erreichen. Und er hat es auch zwei Jahre lang geschafft mich so „einzuwickeln“, dass ich ihm zu sehr vertraute, obwohl ich außerhalb der Therapie ein kritischer Mensch war (mehr als heute).

                Als es zu einer Situation kam, die mir die Augen öffnete, schaffte ich es nur die Therapie abzubrechen, erst später, als ich andere Erfahrungen gemacht hatte, hätte ich ihm sagen können, was falsch gelaufen ist, aber so wie ich ihn einschätze, hätte das nichts gebracht außer Aufregung.

                Warum er die diversen vermuteten Hintergründe und „Diagnosen“ aussprach, kann ich nur vermuten, dies hat jedenfalls zu meinem Vertrauen beigetragen. Arbeit abgenommen hat er mir damit beileibe nicht, eher meine Entwicklung behindert. Sobald er und ich glaubten zu wissen, was mit mir los ist, wurden alle anderen Möglichkeiten ja außer acht gelassen.

                Kennst Du die Bücher „Das Gedächtnis des Körpers“ und „Warum ich fühle, was Du fühlst - Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneuronen“ von Dr. Joachim Bauer? Die haben mir viel mehr gebracht (um viel weniger Geld)! Die einzelnen Auslöser meiner psychischen (und die damit verbundenen körperlichen) Probleme sind mir nach wie vor (weitgehend) unbekannt bzw. nur Vermutungen, aber ich habe einiges Grundsätzliches durch diese Lektüre erfahren.

                Ich denke, das Wichtigste ist, dass Du mit Deinem Gefühl verbunden bleibst, das Dir sagt, was Dir unangenehm ist. Von da aus kannst Du entscheiden, ob Du es ansprechen willst oder nicht. Wenn Du trotzdem Nutzen aus der Therapie gewinnst, ist es schon o.k., sie nicht aufs Spiel zu setzen.

                Hast Du irgendwo schon geschrieben oder kannst Du hier andeuten, was Dich zu einer Therapie bewogen hat?
                Liebe Grüße
                Veronika

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                  #9
                  Hallo Veronika,

                  würdest du dich als "Therapieopfer" bezeichnen? Ich habe mich in letzter Zeit sehr intensiv mit den Rahmenbedingungen von Therapien beschäftigt und dann auch über Missbrauch (muss ja nicht immer sexueller Art sein) erfahren. Das hat erst einmal mein Misstrauen gegenüber meinem Therapeuten geweckt. Deine Geschichte hört sich nach einem solchen Fall an. Was meinst du, was waren seine Gründe, die Therapie über Jahre hin weiterzuführen, obwohl die Ziele außer Sichtweite geraten waren? Waren es nur finanzielle Erwägungen?

                  Das Buch über die Spiegelneuronen habe ich gelesen. Mir ist damals v.a. im beruflichen Bereich aufgefallen, wie sehr sich Stimmungen übertragen, ob man möchte oder nicht. Da wollte ich dann mehr darüber erfahren. Wenn ich mich recht erinnere, arbeitet das Buch ja in großen Teilen auf einer neuro-wissenschaftlichen Ebene, erklärt die Spiegelung als Ergebnis cerebraler Funktionsweisen, oder irre ich mich da?

                  Ich denke, das Wichtigste ist, dass Du mit Deinem Gefühl verbunden bleibst, das Dir sagt, was Dir unangenehm ist. Von da aus kannst Du entscheiden, ob Du es ansprechen willst oder nicht. Wenn Du trotzdem Nutzen aus der Therapie gewinnst, ist es schon o.k., sie nicht aufs Spiel zu setzen.
                  Da hast du eines meiner Hauptprobleme angesprochen. Ich musste häufiger die Erfahrung machen, dass mich mein "Bauchgefühl" getäuscht hat. Ich bin dahingehend etwas verunsichert und nicht nur anderen sondern auch mir gegenüber misstrauischer geworden. Wem kann ich denn noch vertrauen, wenn mich selbst mein Gefühl falsch berät?

                  Ich habe kürzlich gelesen, dass es unter Therapeuten anscheinend gar nicht so selten vorkommt, mit einem Patienten die probatorischen Sitzungen durchzuführen (zahlt ja meistens die KK), um ihm/ihr dann mitzuteilen, dass doch kein Platz zur Verfügung steht oder andere Gründe, warum eine Therapie nicht möglich sei. Habe jetzt Angst, dass mir ähnliches passiert und mein bisschen Vertrauen, das ich bislang entwickelt habe, gleich wieder vor den Kopf gestoßen wird...

                  Ich war mir lange Zeit selbst nicht sicher, was mich zu einer Therapie bewogen hat. Es war ein dumpfes Gefühl, dass ich jetzt etwas ändern müsste in meinem Leben, verbunden mit meinem Wissen über die vielen "Katastrophen", die in meinem Leben bislang aufgetreten sind. Ich will Aufschluss darüber gewinnen, inwiefern diese Dinge mein Leben beeinflusst haben bzw. noch beeinflussen. Seit einer Woche etwa ahne ich, dass ich oftmals große "Angstszenarien" durchlebt habe bzw. durchlebe, die eigentlich völlig irrational sind. Vor der Therapie sind sie mir gar nicht so bewusst gewesen. Damit verbunden ist ein Vermeidungsverhalten, das ich erst seit ein paar Tagen als ein solches bezeichne. Früher hätte ich dieses Verhalten noch "die Suche nach Ruhe" genannt.

                  Mich würde interessieren, wie sich der Begriff "Psychosomatik" fassen lässt? Welche Symptome fallen darunter? Möchtest du vielleicht noch ein bisschen darüber erzählen?

                  Liebe Grüße
                  Kim

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                    #10
                    Hallo Kim!
                    Gut, dass Du das Bauchgefühl ansprichst und mich daran erinnerst, dass ich mich früher auch nicht drauf verlassen konnte. Ich denke, auch da findet ein Lernprozess statt. Du musst meines Erachtens nach auch nicht unbedingt auf Dein Gefühl „hören“, nur zum Schweigen solltest Du es nicht bringen.

                    Mit dem Buch hast Du recht. Für mich war weniger wichtig, wie sich JETZT Stimmungen übertragen (obwohl ich für diese sehr anfällig bin), sondern wie es möglich war, dass meine Eltern ihre Gefühle auf mich übertrugen, schon in einer Zeit, in der es noch nicht möglich war mir ihre Sicht auf die Welt mit Worten zu erklären. Ich wunderte mich z.B. darüber, dass mir vor einigem graust, was anderen gar nichts ausmacht, und umgekehrt. Nach der Lektüre kam ich zu dem Schluss, dass es mit dem Verhalten und den Gefühlen meiner Eltern zu tun hat. Nachdem ich dies „global“ begriffen hatte, brauchte ich nicht mehr die Ursache hinter jedem einzelnen Verhalten bzw. Gefühl suchen.

                    Therapieopfer – ja, das ganz bestimmt. Eva Jaeggi beschreibt in ihrem Buch „Und wer therapiert dieTherapeuten?“ unter anderem auch, was bei Machtmissbrauch abläuft. Die Problematik ist, dass man Vertrauen zum Therapeuten braucht, damit die Therapie erfolgreich sein kann, aber zu viel Vertrauen zum „falschen“ Therapeuten einem ganz schön schaden kann. Wenn man psychisch hilfsbedürftig ist, kann man einen solchen Therapeuten oft nicht erkennen, und wenn man psychisch nicht hilfsbedürftig ist, braucht man meist keinen Therapeuten. Blöde Sache!

                    Die Gründe des Therapeuten? Tja, wenn ich ihn hineinschauen könnte! Geld verdient hat er dabei jedenfalls nicht schlecht. (Bei uns in Österreich ist das etwas anders mit der Krankenkasse, von dieser bezahlte Therapiestunden gibt es selten. Ich habe zwei Jahre lang viel Geld dafür bezahlt um an der Nase herumgeführt zu werden.)
                    Aus seiner Sicht war das Ziel, dass ich mein Selbst finden solle um gesund zu werden, möglicherweise gar nicht außer Sichtweite geraten. Nur hatte er eine völlig unbrauchbare Vorstellung davon, und mich wundert, dass er da nicht irgendwann draufgekommen ist. Ich habe ja nur meine eigenen Erfahrungen und habe meine Zeit gebraucht um daraus zu lernen. Aber er hatte ja viele Klienten, und fiel ihm da nicht auf, dass irgendwas nicht richtig läuft? Einmal hat er sich sogar bei mir beklagt, dass „gerade mal wieder alle“ zwar auf der Suche nach ihrem Selbst sind, aber keiner sich von ihm dorthin führen lassen will. An allen müsse er „zerren“, damit sie endlich einsehen, dass ihr wahres Selbst so ist wie er es „erkannt“ habe und sich auch entsprechend verhalten. Also mein wahres Selbst hat er überhaupt nicht erkannt, es war nur seine Wunschvorstellung!

                    Psychosomatik kann ich nicht eingrenzen. Wir alle kennen Bauchweh oder Magenschmerzen als Folge von Angst bzw. Stress, da ist es einfach. Aber auch häufige Erkältungen können über ein schlechtes Immunsystem Folge von Stress, also auch psychisch bedingt sein. Letztlich ist vielleicht jede Krankheit und auch die Neigung zu häufigen Unfällen mehr oder weniger psychosomatisch?

                    Wenn Du jetzt mehr merkst als vor Beginn Deiner Therapie, kannst Du das durch entsprechende Achtsamkeit weiterhin, auch wenn die Therapie nicht fortgesetzt wird. Meine letzte Therapie war im Grunde großteils eine Achtsamkeitsschulung, und nach ein paar Stunden knapp hintereinander wurden die Abstände immer größer, zuletzt lag ein Jahr zwischen der vorletzten und der letzten Stunde. Eventuell können auch Nicht-Therapeuten hilfreich sein, wenn man Menschen gefunden hat, denen man sich öffnen kann.

                    Wie gehst Du damit um, wenn Du Gefühle wie Angst wahrnimmst, wenn Du Vermeidungsverhalten entdeckst? Nimmst Du nur wahr oder versuchst Du es zu ändern?
                    Liebe Grüße
                    Veronika / Fjäril

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                      #11
                      Das tut mir jetzt leid, wenn berufsmäßige Therapeuten hier im Forum mitmachen, die sich dadurch beleidigt fühlen, aber ich muss das einfach trotzdem sagen: Therapeuten sind Freiberufler und müssen ihre Miete zahlen und ihre Kinder ernähren wie alle anderen Leute auch. Das führt halt bei vielen Leuten dazu, dass sie versuchen, Therapien künstlich in die Länge zu ziehen.

                      Ich habe das bei einem erlebt. Er hat immer das Maximum abgerechnet, das heißt, den 2,3-fachen Satz. Und er hat wirklich in diesen Stunden praktisch nichts gemacht. Immer nur gefragt, wie denn meine Woche so gewesen war, und mich reden lassen. Er hat auch immer wieder ganz offen gesagt, dass ich keine schnellen Erfolge erwarten kann, sondern dass sich die Therapie über viele, viele Jahre hinziehen wird. Da habe ich mir eines Tages gesagt, bei Deinem Tempo ist das ja auch kein Wunder, und habe die Therapie abgebrochen, worauf er mich beschuldigt hat, ich würde immer kneifen, wenn es ernst würde und man sich einem Durchbruch nähern würde. Von einem Durchbruch irgendeiner Art war aber auch bei schärfsten Augen nichts zu sehen.

                      Ich bin privat versichert, und da sehe ich in vielen Therapeutenaugen die Eurozeichen aufblitzen, wenn ich ihre Behandlungsräume betrete - 2,3-facher Satz eben.

                      Wir Lehrer sehen das sehr deutlich bei den Kindertherapeuten. Sie stellen die Lese-Rechtschreibschwäche-Gutachten serienmäßig aus. Wir werden damit überschwemmt. Es ist ganz klar: Sie wollen natürlich weitere Aufträge, und die Gutachter, die die Atteste am bereitwilligsten ausstellen, sprechen sich herum und machen viel Geschäft.

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                        #12
                        Hallo Sidonie!
                        Wenn Du privat hingegangen wärst und bar bezahlt hättest, hätte es dann auch so viel gekostet? Oder wäre es billiger gegangen, wenn Du gesagt hättest, Du hast nicht so viel Geld?

                        Ich seh ja ein, dass ein Therapeut von was leben muss. Wenn er/sie mir hilft, ist es o.k., wenn mir auch der Preis manchmal etwas hoch erscheint. Wer hilft, der wird weiterempfohlen und wird weiterhin verdienen. Wer die Therapie nur künstlich verlängert, leider auch, weil immer noch genug Kunden sich zu ihm verirren.

                        Wie hat sich Deine Therapie genannt? Ich weiß, dass eine Analyse mindestens 8 Jahre dauern soll. Ein Bekannter von mir hat nach vier ergebnislosen Jahren abgebrochen (4 x die Woche eine Stunde!) und hat sich von der „Therapeutin“ auch einiges anhören können, was er sich damit antut.

                        Ich war bei einer Hypnotherapie, da wird der Erkenntnis/Entwicklung „nachgeholfen“, und der Therapeut sprach ja auch von 1 – 3 Jahren. (Vielleicht hat es einfach keiner länger bei ihm ausgehalten? )
                        Veronika / Fjäril

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                          #13
                          Acht Jahre? Acht Jahre? Was sind denn das für Pfeifen? Da analysiere ich die ganze Bevölkerung von meinem Dorf in der Zeit! Sie wären mir alle nachher beleidigt, aber ich würde schon das meiste herausfinden!

                          Das bei mir war keine Analyse, sondern ich habe eine bioenergetische Körpertherapie gesucht, weil ich ein Buch von Gerda Boyesen gelesen habe, und sie schreibt, dass sich alle Erinnerungen im Körper abspeichern, und dass sie sie bei vielen Patienten hervorholen und die Blockaden auflösen konnte. Ihre Fallbeispiele waren faszinierend! Aber wir haben nie Körpertherapie gemacht. Wir sind nur blöd auf dem Boden herumgehockt und er hat mich ausgefragt.

                          Mir hat einmal ein Therapeut gesagt, dass ich eine Therapie bräuchte, aber ich wäre noch nicht stabil genug. Deshalb habe ich keine bekommen, sondern nur eine Gesprächstherapie - ja, ich war auch schon als Studentin in Therapie. Die Gesprächstherapie hat auch nichts gebracht. Hätten sie mich doch nur richtig analysiert! Dann hätte ich mir zwanzig Jahre erspart. Die acht Jahre wären inzwischen auch schon rum.

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                            #14
                            Hallo Zusammen,

                            ich möchte jetzt gerne mal eine Lanze für Therapeuten brechen.

                            Zitat von Sidonie
                            Hätten sie mich doch nur richtig analysiert! Dann hätte ich mir zwanzig Jahre erspart.
                            Oder du wärst jetzt auf der Geschlossenen oder ein Wrack oder tot. Eine Analyse kann viel Schaden anrichten. Sehr verantwortungsvoll, es zu lassen, wenn man nicht sicher ist, dass der Patient es verkraftet.

                            Ich bin auch Privatpatientin und meine Therapeutin hat mir (nach deutlich weniger als 8 Jahren) gesagt "Ich glaube, Sie brauchen mich jetzt nicht mehr. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, Sie weiter zu behandeln."

                            Therapeuten sind Menschen. Es gibt welche mit viel Erfahrung, Intuition und Empathie und es gibt - wie in jedem Beruf - "weniger gute". Aber ich denke, dass Therapeut eher eine Berufung ist als ein Beruf. Ich glaube, wer nur Kohle scheffeln will, studiert gleich was anderes

                            Liebe Grüße
                            Sunshine

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                              #15
                              Meine "großen" Therapien sind auch abgeschlossen.
                              Ich habe etwa alle 6 Wochen ein 20-Minuten-Gespräch beim Therapeuten, da ich ja auch Medis nehme und er sehen möchte, wie es mir geht.
                              Wenn ich spezielle Probleme habe, bekomme ich Termine für 50-Minuten-Gespräche,wie jetzt im Moment, wo ich mit der Erkrankung meiner Schwester psychisch nicht klar komme.
                              Also je nach Bedarf, den ich bestimme.(bin auch privat versichert).

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