Vergeben, nicht vergessen

[Danny-Mo]

Hey Sheila!
Wie baust du denn deinen inneren Druck ab? Ich habe schon über mehrere Methoden gelesen, dessen Wirkung ich aber mal in Frage stelle...
Meine Hausärztin hatte mir mal "autoaggressives Verhalten" zugesprochen und meinte dann , ich soll mich doch mal an den Strand stellen und schreien...
Mal abgesehen davon, daß ich vom Druck her den Weg zum Strand nicht mehr schaffen würde, stelle ich mich sicher nicht während der Saison zwischen all die Touristen und schreie...

LG
Mo

[Sheila]

Hey Mo,
Autobahnbrücken sind ideal zum Schreien und ein Kissen vors Gesicht dämpft auch. Hört sich vielleicht blöd an, habe ich aber praktiziert. Früher. Jetzt versuche ich es mit bewußter Körperwahrnehmung. Z.B. so heiß wie möglich duschen oder baden, auf etwas einschlagen, über Geschmack: in eine Zitrone beißen etc., Musik laut hören (bevorzugt Rammstein oder Eminem) und laut mitsingen. Was bei mir auch gut hilft ist schreiben. Ich setze mich an den PC und schreibe wild drauflos, unzensiert und manchmal sehr wirr. Aber dann bin ich es erstmal los!
LG
Sheila

[Danny-Mo]

Hey nochmal!
Autobahn gibt es leider nicht auf der Insel, aber sicher ist das ein guter Ort.
Generell sind deine Vorschläge ja die gängigen Methoden, um Druck abzulassen. Ich habe schon mehrere Borderline-Foren durchforstet und mir auch mal ein Buch gekauft...
Irgendwie mache ich vieles, aber letztendlich verfolgt alles nur ein Ziel. Es muß wehtun.Zum Beispiel war ein Versuch mal Sport bis zum Umfallen, alle Muskeln tun weh und ich gehe über meine Grenze... Jemand hat mir dann gesagt, daß ich mich so nur selbstverletze. Im Prinzip also nichts verändert habe...
Hm, werde mich mit EMDR befassen und vielleicht bekomme ich hier ja die Möglichkeit so eine Therapie zu machen.

Danke für deine Tippse
Mo

[Sheila]

Himmel hilf, ich bin wirklich bescheuert! Klar, ich habe nicht an "deine" Insel gedacht. Sorry Ich bin zur Zeit ziemlich durch den Wind und manchmal sehr unkonzentriert. Probleme, Probleme... Übrigens: es gibt auch sehr gute Traumakliniken, die speziell mit EMDR befasst sind. So als kleinen Tipp!
Sheila

[Danny-Mo]

Hm, mir wird ständig gesagt, daß ich in eine Klinik soll, aber ich brauche meine gewohnte Umgebung, bin nicht gerne weg.
Ich war von Mitte Januar bis Mitte Februar in einer Reha-Klinik. Es war der Horror für mich. Ich weiß, daß ich da nicht eingesperrt bin , aber ich werde doch irgendwie in einen genauen Ablauf gepreßt, kann nicht das tun, was ich machen will,... Das ist nichts für mich.
Ich fange lieber erstmal ambulant an. Und nebenbei muß ich erstmal mit meiner körperlichen Verfassung klarkommen. Kann nicht schon wieder weg...

[Sheila]

Das kann ich gut verstehen. Ich war von 2004 bis 2006 insgesamt 10 Monate in einer Klinik. Fand es anfangs immer schrecklich, fühlte mich aber nach ein paar Tagen wohler. Was für dich das Beste ist, entscheidest nur du. Aus deinem Gefühl und deiner Erfahrung heraus. Ich wollte nicht besserwisserisch rüberkommen! LG Sheila

[Danny-Mo]

Ich habe dich nicht besserwisserisch empfunden.

Ich habe halt mehrere Baustellen und ich denke, daß ich noch nicht bereit für einen stationären Aufenthalt bin. Noch nicht ist klasse, wenn man mal bedenkt, wie lange ich mich mit diesem ganzen Mist auseinandersetzen muß...
Wichtig ist erstmal ,daß ich körperlich wieder funktioniere. Das ist mein primäres Ziel. Der Rest muß erstmal unverändert bleiben...

[Janiva]

Hallo Danny-Mo,

versuch doch mal (als "Nebentherapie") Bachblüten. Ich hab das jahrelang genommen...[...]
Die Tropfen wirken wirklich und vielleicht können sie dir (wenigsten ein Bisschen) helfen deinen Druck abzubauen oder die Probleme etwas zu lösen.

Einen Versuch ist es denke ich wert. Es gibt im Buchhandel sicher viele Bücher über die Bestimmung der richtigen Bachblüten.

Liebe Grüße,
Janiva

[*Sternchen*]

Ich habe mich in letzter Zeit sehr oft gefragt, wie man jemandem vergeben kann, auch wenn man es nicht vergisst!

Durch Mobbing von einer Gruppe wurde ich tief verletzt, Traurigkeit und vor allem Wut / Hass kamen auf. Ich habe mit den Menschen nichts mehr zu tun und wenn, wechsel ich auch nur wenige Worte mit Ihnen. Kommt aber selten vor.

Und trotzdem, jede Erinnerung macht mich traurig und sehr, sehr wütend.

Ich frage mich, ob das jemals aufhört. Zumal ich nie eine Entschuldigung bekommen habe, geschweige denn Einsicht.

Ich wünschte es würde mich nicht so verletzen z.B. Fotos zu sehen, wenn Erinnerungen hochkommen etc.

Einen Großteil der Sachen habe ich vernichtet und bin auch sehr froh darüber, aber die Wunden bleiben und verzeihen (sowieso nur für mich) ist schwer. Ich weiß es ist vorbei, ich weiß es war nicht okay, aber trotzdem!

[Mauerbluemchen]

Während vergessen ein passives Verhalten ist, denn aktiv kann man nicht vergessen, sonst käme es ja erst recht wieder hoch, ist vergeben eine aktive Handlung. Vergebung hat auch zunächst einmal nichts mit "können" zu tun sondern mit "wollen". Zum Vergeben muss man sich entscheiden. Vergeben hat nichts damit zu tun, daß man sich nicht mehr erinnern kann, sondern daß man sich entscheidet, keinen Zorn mehr zu haben.
Man kann Vergebung auch üben.

[morgentau]

hallo sternchen,
hast du dich schon mal gefragt, warum dir diese geschichte passiert ist??lust uns mehr davon zu schreiben.?. was ist damals genau passiert?

gruß

morgentau

[*Sternchen*]

Ach es war so: Ich war schon eine geraume Zeit in dieser Gruppe, ich kam auch ganz gut klar, hatte weiter keine Probleme, bis meine damals beste Freundin von heute auf Morgen meinte, sie könne mich nicht mehr leiden, den Kontakt abbrach und alle gegen mich aufhetzte und für sich vereinnahmte. So stand ich dann ganz alleine da. Warum es so kam? Nunja, ich denke ich habe mich zu wenig angepasst, sie hatte andere Interessen wie ich und ich habe mich leider auch nicht wirklich gewehrt.
Es war einfach der reinste Kindergarten (wir waren damals alle 13 / 14).
Dabei kamen dann Sachen raus: Ich bin zu langweilig etc.
Also ich war keine ätzende Kuh, denn sowas wie Zicke, Arroganz etc. habe ich nie gehört. Ich war Ihnen einfach nicht cool genug, zu brav, nicht rebellisch genug und habe mich nicht genug gestylt.
Aus diesen "Gründen" wurde ich ausgegrenzt, ignoriert, es wurde gelästert und gestichelt und ich wurde geärgert und keiner hat hinter mir gestanden. Verschiedene Erwachsene wussten es, haben auch versucht zu helfen. Aber vor allem ich hätte mich wehren müssen, wozu ich damals leider nicht in der Lage war und auch nicht die Kraft hatte.

[morgentau]

hallo Sternchen,

du darfst stolz sein auf dass, was du erlebt hast. denn so wie ich dein erlebte verstehe, warst du in einer situation, in der DU DU warst und auch diese person geblieben bist. deine unbewußte botschaft an diese menschen war damals, nimmt mich so wie ich bin oder laßt es.
du hast dich nicht ihnen zu liebe verändert, dich krumm gemacht. obwohl der druck den diese menschen auf dich ausgeübt haben sicher sehr schwer war aus zuhalten.
meine tochter erlebt so was schon viele jahre. aber auch sie möchte sich nicht anpassen nur weil es andere nicht verstehen, dass jeder so wie er ist einmalig ist, und sich auch so erleben darf.
du hast diesen menschen die möglichkeit gegeben, einmal über den tellerrand zu schauen. zu lernen, dass wir so sind wie wir sein wollen. damals waren sie vieleicht noch zu naiv um es so zu sehen, das ist das einzige, was man heute daraus erkennen kann. vieleicht haben sie längst erkannt, wie oberflächlich sie damals waren.

aber das sollte dich nicht weiter störren. es ist viel wichtiger für dich heute zu sagen," schade, dass ich das erleben mußte, es hat mir weh getahn, diese erfahrung ausgegrentzt zu werden". aber es war auch gut, mich nicht von meinem weg abbringen zu lassen.". denn so wie ich war und bin, bin ich ok.
und auch diese menschen sind für sich im grunde ihres herzens ok, sie wollten damals nur noch nicht eben über diesen tellerrand schauen.so müßen sie eben auf neue etwas erleben, um diese erfahrung zu machen, denn daran geht kein weg vorbei.
du jedoch hast dein bestes getahn, ihnen die augen zu öffnen.
so, kannst du damit etwas anfangen??

lieben gruß

morgentau

[*Sternchen*]

Danke morgentau, für deine Worte!
Ja, ich kann damit etwas anfangen. Du hast mir einiges in Erinnerung gerufen, was ich wusste, aber nicht bewusst beachtet hatte.
Nämlich: Das es mich auch irgendwie verbessert hat. Ich schließe mich nicht blind "Blendern" an. Ich schaue sehr genau hin in versetze mich in andere. Und ich würde jederzeit einem Schwachen helfen, mich mit einem weniger beliebten anfreunden, wenn dieser ein gutes Herz hat. Ich lasse mich nicht blenden und ich weiß genau wie sehr etwas verletzt und bin deshalb da sehr aufmerksam.
Meine Freunde (auch wenn es nicht viele sind) sind nicht die hübschesten, nicht die schlausten, reichsten etc. aber sie sind sehr nett und die ersten Menschen bei denen ich mich langsam traue mehr ich zu sein.

Mit der Zeit habe ich mich damals geschützt und Teile von mir verborgen (nicht verändert) um nicht mehr Angriffsfläche zu bieten. Langsam werde ich stärker und traue mich, mehr ich zu sein! Aber das ist verdammt langwirig und schwer.

[Mauerbluemchen]

Mir ist heute zu dem Thema etwas bweusst geworden. Ich las (in einem christlichen Buch, wo auch sonst?) den Satz: "Vergebung bedeutet, die Schuld auslöschen, so als wäre sie nie geschehen." Mir kam dann spontan der Gedanke, daß ja die Schuld dann ausgelöscht ist, aber nicht die Tat. Tatsächlich hat dies also nichts mit Vergessen zu tun, denn eine Tat kann man gar nicht ungeschehen machen, denn die Folgen bleiben ja immer.
Die Tat ging ja von einem Täter aus und bleibt auch dort. Schuld jedoch geht davon aus, daß ich etwas jemandem anrechne, das er mir angetan hat. Ich kann also diese Rechnung löschen, aber nicht die Tat.

Angenommen, ich werde bestohlen, dann ist mein Geld weg. Nun kann ich mich entscheiden, daß ich das Geld nicht mehr wiederhaben will, also besteht auch keine Schuld mehr, ich habs ja nachträglich verschenkt. Will ich es wiederhaben, bleibt mein Zorn und die Schuld bestehen. Das Geld ist aber in jedem Fall weg und die Tat bleibt immer, auch wenn ich vergeben habe.