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    Friendly Fire?

    Sskkyy hat mich im Mainstream-Faden auf ein Thema gebracht, das mich immer wieder beschäftigt. Das töten, das "rechtens" ist (z.B. unter Soldaten im Krieg oder ausgeübte Todesstrafe im Rahmen eines Gesetzes) gegenüber dem töten, das strafbar ist (entweder vor dem Gesetz oder vor Gott als Zuwiderhandlung gegen das 6. Gebot).

    Die beiden Begriffe aus der modernen Kriegsführung, die mich dabei am meisten kirre machen sind FRIENDLY FIRE und KOLLATERALSCHÄDEN.

    Erst gerade wieder, nach dem jüngsten Bombenanschlag in Manchester habe ich mich wieder gefragt, was eigentlich der Unterschied ist zwischen: 1. Religiöse Fanatiker bringen Kinder um und 2. Kriegführende Staaten werfen Bomben auf ein Krankenhaus, in dem viele Kinder sterben.

    Ich wünsche mir manchmal, dass jegliches FIRE als FRIENDLY FIRE klassifiziert wird und dass alle sich klar machen - wenn ich jetzt diese Bombe zünde, gehen meine Nächsten dabei drauf.

    Aber das ist sicherlich realitätsfremdes Pazifistengelaber...?

    #2
    Tar, es ist das 5. Gebot: Du sollst nicht töten.

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      #3
      Zitat von Tar Retaw Beitrag anzeigen
      Aber das ist sicherlich realitätsfremdes Pazifistengelaber...?
      Momentan vermutlich schon, aber das kann sich ja noch ändern.

      Ein Mensch, der den Menschen, der ihm gegenüber steht, als MENSCH sieht, kann ihn meiner Meinung nach - außer in einer akuten Notwehrsituation - überhaupt nicht töten. Das Problem ist meiner Meinung nach (und zwar nicht nur in Kriegssituationen sondern auch im Alltag), dass Menschen "entmenschlicht" werden, dass sie als "Zahl in einer Statistik" oder als "Gruppenmitglied" oder als "Bedrohung" oder als "Schädling", ... gesehen werden - und nicht mehr als Person mit Träumen, Wünschen, Gefühlen, Familien, die sie lieben und von denen sie geliebt werden, ... Das macht es so viel einfacher, ihre Bedürfnisse als "zweitragig" zu klassifizieren und schlicht zu übegehen. *seufz*

      Wenn sich die Christen mit ihrer Idee der Nächstenliebe durchgesetzt hätten, bräuchte es gar kein 5. Gebot. Wie soll man einen Menschen töten, den man LIEBT? Geht doch gar nicht. Wenn man jemanden liebt, soll es ihm gut gehen - und nur in absoluten Ausnahmefällen geht es jemandem tot besser als lebendig.

      Mich hat es damals total geflasht, als unsere Kanzlerin den Amerikanern gratuliert hat, nachdem sie Bin Laden in seinem Haus "erlegt" hatten. Das war in meinen Augen ein Mord jenseits jeder Rechtsstaatlchkeit - und keinen auf der ganzen Welt schien es zu interessieren. Selbst "so einer" hat nach unseren Regeln einen Anspruch auf einen fairen Prozess. Dachte ich jedenfalls bis dahin. Aber durch seine "Verbrechen" war er ja offensichtlich kein Mensch mehr und hatte damit alle Rechte verwirkt, also haben sie ihn abgeknallt wie ein Stück Vieh.

      Soldaten "lernen" während ihrer Ausbildung regelrecht, ihre Opfer zu entmenschlichen, um ihre eigene Menschlichkeit auszutricksen, denn sonst wären sie nicht imstande, einfach wild in eine Menge zu ballern, in der sich ein Feind verstecken könnte und in der deutlich Kinder zu erkennen sind. *ach nochmal seufz*

      Ich habe keine Ahnung, wie die Menschheit aus dem Teufelkreis jemals wieder rauskommen soll, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie es irgendwann schafft.

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        #4
        FirstSunshine, die haben Bin Laden nach dem Mord auch noch ganz eilig "verklappt", also wie eine Ladung Giftmüll im Meer versenkt. So kam es mir vor... und es ist mir an die Nieren gegangen, weil das Thema "Rechtstaatlichkeit" in diesen Fällen anscheinend keine Rolle spielt.

        Tar Retaw: Du hast da ein grausiges Thema angesprochen. Ich weiss noch, wie mir vor langen Jahren das erste Mal der Begriff "friendly Fire" unterkam. Ich glaube, das war im Zusammenhang mit nachträglichen Forschungen über die Verluste der Amerikaner im Vietnamkrieg.
        Ich konnte es nicht fassen. Allein der Begriff ist für mich dermaßen menschenverachtend. Kriege sowieso. Aber ich hatte damals in meiner Naivität noch gar nicht darüber nachgedacht, dass in der "Kriegskunst" der Verlust der eigenen Leute mit einkalkuliert wird. Nicht bei Kampfhandlungen beider Seiten an sich - sondern dass Gruppen der eigenen Leute, wenn sie im Wege stehen... geopfert werden. Menschenmaterial.

        In dem Zusammenhang muss ich an die Veröffentlichung dieser Collateral-Sache durch WikiLeaks denken. Da geht es nicht nur um die Einkalkulierung möglicher Verluste eigener Leute... sondern die Kampfpiloten haben direkt draufgehalten. Auf Zivilisten.
        ...

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          #5
          Hallo,

          Ich wünsche mir manchmal, dass jegliches FIRE als FRIENDLY FIRE klassifiziert wird und dass alle sich klar machen - wenn ich jetzt diese Bombe zünde, gehen meine Nächsten dabei drauf.
          Ahne, was du meinst, aber fände Death Fire irgendwie logischer (und weniger zynisch).

          Ja, dieser Widerspruch, den ich ansprach, stößt mir zwar auf...
          Aber es gibt für mich dennoch Menschen / Situationen, wo ein Töten für mich nachvollziehbar ist. Und ich glaube, solche Situationen und Menschen gibt es für alle Menschen. Wir haben nur Glück, wenn wir nie in diese Situationen kommen.

          Spontan kommt mir gerade der Vergleich "Fleisch essen, aber nicht schlachten wollen".

          Vor kurzem hatte ich eine interessante Doku gesehen über das Gefängnis Red Onion in Virginia, ein "supermax" Gefängnis für die "Schlimmsten der Schlimmen", wo es fast nur Isolationshaft gibt und Mörder & Co einsitzen mit Urteilen wie zB 1250 Jahre Gefängnis.
          Es war interessant.
          Fand nur noch diese Links: (8 qm Einsamkeit, Red Onion Wikipedia)

          Mir geht es dabei weniger um die Frage Todesstrafe oder nicht, sondern weil das Erschießen von Bin Laden angesprochen wurde.
          Nun, diese Menschen wurden nicht getötet - ob das besser ist... ?
          Die Kommentare bei dem ersten Link finden diese Bestrafung "Mittelalter" etc.

          Aber ich frage mich dann auch:
          wie hätten es denn gerne all die menschenfreundlichen Seelen, was für eine Bestrafung würden sie denn den Mördern und Terroristen geben ?
          Ein netter Raum, Sport, Ausbildung, Therapie, Resozialisierung ?

          Und was würden sie für die Opfer tun, die Angehörige erloren haben und/oder ihre Existenz verloren haben, die Schäden an Körper und Psyche für den Rest ihres Lebens haben ?
          Und für die, die nicht nur primär traumatisiert sondern auch sekundär und tertiär traumatisiert sind, die die deswegen in Angst leben, sich verstecken, kein normales Leben führen können, etc ?

          Und wie sähe es wohl aus, wenn sie selbst betroffen wären ?

          Würde mich interessieren.
          sky

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            #6
            Hat mal jemand nachgeschaut, was die Begriffe "friendly fire" und "Kollateralschaden" überhaupt bedeuten? Ich hatte gedacht, ich wüsste aus meiner Rollenspielervergangenheit alles Wissenswerte darüber, habe mich aber von Tante Wiki eines Besseren belehren lassen. Es geht nicht um Zivilisten, die das Pech haben, an einen Ort geraten zu sein, an dem gekämpft wird, sondern um Soldaten, die versehentlich von den eigenen oder von verbündeten Truppen getötet werden. Durch sogenannten "Eigenbeschuss" zu sterben, gehört für Soldaten zum Berufsrisiko, genau wie es für einen Kraftfahrer zum Berufsrisiko gehört, an den Folgen eines Verkehrsunfalls zu sterben.

            Kampf, Krieg, Mord und Totschlag sind traurige Realitäten und ein Teil unseres Menschseins. Ich behaupte, dass wir alle mit der genetischen, mentalen, emotionalen und körperlichen Vollausstattung eines Mörders in der Welt unterwegs sind. Wenn es anders wäre, müsste es kein 5. Gebot geben. Ich behaupte auch, dass wir (= die gesamte Menschheit) unsere fatale Neigung zur Gewalt nur überwinden können, wenn jeder und jede einzelne von uns, seinen oder ihren inneren Gewalttäter sehen, erkennen, anerkennen und integrieren kann.

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              #7
              Zitat von Tintenweberin Beitrag anzeigen
              ..

              Kampf, Krieg, Mord und Totschlag sind traurige Realitäten und ein Teil unseres Menschseins. Ich behaupte, dass wir alle mit der genetischen, mentalen, emotionalen und körperlichen Vollausstattung eines Mörders in der Welt unterwegs sind. Wenn es anders wäre, müsste es kein 5. Gebot geben. Ich behaupte auch, dass wir (= die gesamte Menschheit) unsere fatale Neigung zur Gewalt nur überwinden können, wenn jeder und jede einzelne von uns, seinen oder ihren inneren Gewalttäter sehen, erkennen, anerkennen und integrieren kann.
              Das sehe ich genau so.
              Leider sind es immer nur die anderen.
              In jedem von uns ist alles latent vorhanden.
              Was zum Vorschein kommt, kommt eben auf unseren Fokus an.
              Wir haben die Wahl uns (als Erwachsener, bewusst) zu entscheiden.

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                #8
                Zitat von Tintenweberin Beitrag anzeigen
                Hat mal jemand nachgeschaut, was die Begriffe "friendly fire" und "Kollateralschaden" überhaupt bedeuten?
                Oh ja. Da ich mehrere Soldaten persönlich kenne, die aus Auslandseinsätzen als "nicht mehr, wer sie vorher waren" zurückgekehrt sind, weil sie mit der Erinnerung daran, was "collateral damage" ganz praktisch bedeutet, weiterleben mussten und teilweise auch mit dem Wissen, ihn selbst angerichtet zu haben, habe ich mich ziemlich intensv mit dem Thema beschäftigt. Ich kenne auch amerikanische Soldaten, die einen ganz anderen "Umgang" mit ihren Erlebnissen haben und um so stärker mit der Überzeugung "Ungeziefer beseitigt" und "die Welt gerettet" zu haben aus Einsätzen zurückkamen, je mehr sie getan haben, das ihr Gewissen bei anderer Betrachtungsweise einfach nicht aushalten könnte. Tief im Inneren weiß bestimmt jeder Soldat, der Zivilisten getötet hat, dass er mal so richtig Scheiße gbaut hat und er mit dieser "Schuld" eigentlich gar nicht weierleben kann. Und selbst wenn er nur "offizielle" Gegner, die ebenfalls Sodaten waren, getötet hat, ist es doch belastend, sonst gäbe es nicht so viele Berichte über Soldaten im zweiten Weltkieg, die absichtlich "danebengehalten" haben. Bei aller "Konditionierung" steckt in jedem Soldaten auch noch ein Mensch. Bei manchen halt etwas tiefer und kleiner als bei anderen.

                In Zeiten einer Berufsarmee sehe ich "friendly fire" durchaus etwas kälter: es gehört ganz klar zum Berufsrisiko. Für das Risiko, verwundet oder getötet zu werden, werden sie mit einer "Gefahrenzulage" bezahlt und das ist jedes Soldaten freie Entscheidung. Das kann auch bei einem Blauheleinsatz passieren, bei dem man gar nicht "kämpfen" sondern nur "helfen" wollte. Keiner kann sagen, dass ihm nicht klar war, dass solche "Fehler" bei Kampfhandlungen vorkommen können.

                Und bei allem "selbst dran schuld", habe ich für die Betrofenen trotzdem Mitgefühl, da sie meist gar nicht verstanden haben, worauf sie sich in so einem Einsatz einlassen. Vor lauter "Gemeinschaftsgefühl", der Zugehörigkeit zu ihren "Kameraden" oder dem Wunsch (sich und andere) zu "retten" (was in meinen Augen für viele junge Leute ein wichiger Grund ist, "zum Bund" zu gehen), haben sie sich auf etwas eingelassen, das sie gar nicht einschätzen konnten.

                Aber ich finde Tar Retaws Idee, jeden Beschuss als "friendly fire" zu betrachten, weil man eben immer auf Mitmenschen schießt, als einen Ansatz, die Perspektive zu wechseln und in einer solchen Konstellation nicht mehr Freund-Feind sondern Mensch-Mensch zu sehen.

                Zitat von Tintenweberin Beitrag anzeigen
                Kampf, Krieg, Mord und Totschlag sind traurige Realitäten und ein Teil unseres Menschseins. Ich behaupte, dass wir alle mit der genetischen, mentalen, emotionalen und körperlichen Vollausstattung eines Mörders in der Welt unterwegs sind. Wenn es anders wäre, müsste es kein 5. Gebot geben. Ich behaupte auch, dass wir (= die gesamte Menschheit) unsere fatale Neigung zur Gewalt nur überwinden können, wenn jeder und jede einzelne von uns, seinen oder ihren inneren Gewalttäter sehen, erkennen, anerkennen und integrieren kann.
                Ich glaube, Du hast mit Deinen "Behauptungen" Recht. Gerade, was die "vollständige Ausstattung" angeht. Ich denke aber auch, dass die Menschheit sich, wie jeder einzelne Mensch auch, entwickeln kann und Schritt für Schritt die Fähgkeit zu Empathie, einen "Ehrenkodex" und moralische Vorstellungen entwickelt, die ihn / sie zu einem Leben in Gemeinschaft befähigen. Ich wünsche mir, dass die Menschheit bald "erwachsen" wird und über das "Spiel", sich gegenseitig Sand ins Gesicht zu schmeißen und sich Schäuflchen über die Rübe zu ziehen, hinauswächst. Wohl wissend: ich könnte das, denn es ist ein Teil von mir, aber ich will es nicht und ich tue es nicht, weil ich kapiert habe, dass ich die Wahl habe. Auch wenn "Draufhauen" manchmal der bequemere Weg wäre. Wichtig ist dabei in meinen Augen die Freiwilligkeit. Solange sich Gruppen finden, die friedlich miteinander und nebeneinanderher leben können, ist das "Gewaltpotential" geringer, als wenn nun plötzlich "jeder mit jedem können soll".

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                  #9
                  Zitat von Tintenweberin Beitrag anzeigen
                  Kampf, Krieg, Mord und Totschlag sind traurige Realitäten und ein Teil unseres Menschseins. Ich behaupte, dass wir alle mit der genetischen, mentalen, emotionalen und körperlichen Vollausstattung eines Mörders in der Welt unterwegs sind. Wenn es anders wäre, müsste es kein 5. Gebot geben. Ich behaupte auch, dass wir (= die gesamte Menschheit) unsere fatale Neigung zur Gewalt nur überwinden können, wenn jeder und jede einzelne von uns, seinen oder ihren inneren Gewalttäter sehen, erkennen, anerkennen und integrieren kann.
                  Zur Gewaltneigung von uns Menschen im evolutionsgeschichtlichen Vergleich gibt es einen interessanten Artikel: scinexx | Gewalt: Biologisches Erbe oder Kultur?: Forscher folgen den Wurzeln innerartlicher Aggression bis in den Säugetier-Stammbaum

                  Zitat von FirstSunshine Beitrag anzeigen
                  Ich glaube, Du hast mit Deinen "Behauptungen" Recht. Gerade, was die "vollständige Ausstattung" angeht. Ich denke aber auch, dass die Menschheit sich, wie jeder einzelne Mensch auch, entwickeln kann und Schritt für Schritt die Fähgkeit zu Empathie, einen "Ehrenkodex" und moralische Vorstellungen entwickelt, die ihn / sie zu einem Leben in Gemeinschaft befähigen. Ich wünsche mir, dass die Menschheit bald "erwachsen" wird und über das "Spiel", sich gegenseitig Sand ins Gesicht zu schmeißen und sich Schäuflchen über die Rübe zu ziehen, hinauswächst.
                  Da ist eigentlich schon ganz viel gegangen. Wenn man die Zahlen aus dem Artikel nimmt, dass vor 5000-3000 Jahren Gewalt an der Tagesordnung war und 15-30% aller Menschen auf diese Weise ums Leben kamen - das muss man sich mal vorstellen! -, sind wir mit unserer heutigen Rate von 0.1% schon vergleichsweise gut unterwegs. Irgendwo habe ich mal den Begriff "Zivilisationszähmung" gelesen, der es gut auf den Punkt bringt.
                  Wir alle bringen ein erhöhtes Gewaltpotential mit. Dass wir es heute trotzdem verhältnismässig friedlich miteinander aushalten, finde ich, ist auch eine positive Würdigung wert, auch wenn es natürlich immer noch besser ginge und wir alle in unseren Bemühungen niemals nachlassen dürfen, weiter an einer Verbesserung zu arbeiten!

                  Weshalb aber ziehen eigentlich Soldaten in den Krieg gegen Menschen, die ihnen persönlich nichts zuleide getan haben? Bis jemand tatsächlich so weit ist, braucht es doch eine gewaltige Gehirnwäsche mit heraufbeschworenen Bedrohungsszenarien, geschürten Ängsten, Gruppendruck und einer eigentlichen Indoktrination. Leider beherrschen die Mächtigen dieser Welt diese Klaviatur perfekt und können so erst Massen mobilisieren zur Befriedigung ihrer eigenen Machtgelüste! Dass Macht den Charakter verdirbt, stimmt leider immer noch.

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                    #10
                    Danke Euch für alle Beiträge. Ich denke über Eure Anregungen nach. Und melde mich wieder.

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