Neue Beziehung verändert Freundschaft grundlegend

[Annabella]

Hallo zusammen,

seit einigen Monaten beschäftigt mich ein Thema. Es geht um eine sehr gute Freundin von mir. Wir kennen uns seit 18 Jahren und sind uns oft sehr nah gewesen. Grundlage unserer Freundschaft ist, dass wir in vielen Dingen ähnlich empfinden, ähnliche Werte haben und uns vertrauen. Ich mag sie sehr gern und schätze sie vor allem. Wir arbeiten in einem Unternehmen. Ansonsten haben wir jeweils beide, jede für sich, ein ausgefülltes Leben. So weit, so gut.

Im April letzten Jahres hat sich meine Freundin neu verliebt, sie hat ihren langjährigen Partner verlassen und ist nahtlos mit dem neuen Partner zusammengezogen. Seit diesem Zeitpunkt empfinde ich sie oft wie ausgewechselt. Dinge, die ihr früher wichtig waren, haben keinerlei Bedeutung mehr und Dinge, die sie früher abgelehnt hat, macht sie heute. Ihr Selbstbewusstsein ist deutlich weniger geworden. Sie hat sich von allen zurückgezogen. Oftmals wirkt sie sehr angespannt.

Unser Verhältnis ist innerlich mittlerweile sehr distanziert. Ich habe das Gespräch mit ihr gesucht, sie sieht es auch so, kann ihr Verhalten aber nicht ändern. Gespräche über ihre neue Beziehung führen wir nicht, ich kenne ihren neuen Freund nicht. Nach ihren Aussagen möchte sie das nicht, weil er auch im Unternehmen arbeitet. Ich kenne ihn also nur vom Sehen.

Ich möchte die Freundschaft nicht verlieren, weiß mich aber oft nicht, ihr gegenüber zu verhalten. Die Gespräche sind oft zäh, angespannt und oftmals zieht mich nichts mehr zu ihr hin. Da ich sie aber schätze, möchte ich die Freundschaft nicht beenden, warum auch, sie hat mir nichts getan und folgt doch nur ihrer Liebe, war ja richtig ist.

Kennt jemand das von Euch? Es macht mich oft richtig traurig, vor allem aber ratlos.

Herzlichen Gruß
von
Anna

[just me]

liebe anna,

ja ich kenne die von dir beschriebene situation gut. sowohl aus eigener erfahrung mit übermässigem anpassen, wie auch von einer mir sehr nahestenden person.

gerade weil mir klar war, wie sehr ein zu grosses anpassen einer beziehung auf dauer schaden kann, war ich umso betrübter und auch gallig, als ich es danach bei jemand anderem mitansehen musste.

unsere meinungen gingen plötzlich sehr auseinander, weil sich diese frau um 180 grad gedreht hatte und einfach nicht mehr derselbe mensch war. das ist inzwischen auch schon wieder ein paar jahre her. in der "akuten" phase, habe ich klar meine meinung zum ausdruck gebracht und gesagt, das ich überzeugt bin, das sowas böse enden kann.

den kontakt hatte ich damals auf das absolute minimum beschränkt, aber dafür gesorgt, das er nicht völlig abbricht. mir war wichtig, das ich bei auftretenden problemen auch unterstützen kann.

heute ist diese frau immer noch nicht die, die sie mal war, aber im vergleich zur anfangsphase ist deutlich zu sehen, das sie langsam aber sicher zu sich selbst zurück-kehrt.

[Annabella]

Hallo just me,

dieser Ausdruck beschreibt es für mich auch gut. Ich kann gar nicht glauben, dass ein Mensch soviel Einfluss nehmen kann - bis hin zum Partnerlook, den die Beiden tragen und das alles mit Anfang 40 und einer Menge Lebenserfahrung.

Irgendwie sehe ich mir die Veränderung fassungslos an. Es ist eine richtige Durststrecke. Mal sehen, wie es weitergeht, mag die Freundschaft nicht beenden.

Gruß
Anna

[just me]

hallo anna,

das ist schön, das du die freundschaft nicht beenden magst. zum jetzigen zeitpunkt ist wohl abwarten das beste.

deine fassungslosigkeit kann ich einerseits nachvollziehen, aber wirklich überraschen tut es mich nicht, das ein mensch anfangs 40 zig eine neue liebe so intensiv lebt.

und vielleicht wäre es wirklich eine gute möglichkeit, mal ein essen zu viert zu veranstalten, damit du ihren neuen partner auch ein bisschen näher kennen lernen kannst.

[Annabella]

Hallo just me,

was ich nicht verstehen kann ist, dass die Menschen, die ihr vor dieser Beziehung wichtig waren, kaum noch einen Platz bekommen. Das kenne ich nicht von mir, da meine Freundinnen ganz unabhängig von meinen Beziehungen immer wichtig waren.
Ein Essen zu viert wird nicht gehen, sie möchte nicht, dass wir uns kennenlernen, da sie davon ausgeht, dass wir uns nicht verstehen - er mag keine eigenständigen Frauen grrrrrrrrrr - außerdem möchte sie es nicht, weil er eben auch Kollege ist. Er arbeitet zwar in einer ganz anderen Abteilung, aber eben doch bei dem selben Arbeitgeber.
Er hat keinerlei Kontakte, ist mit seinen Geschwistern zerstritten, hat keinen Kontakt zu seinem erwachsenen Sohn, keine Freunde, nix. Er scheint sie ganz und gar in Besitz zu nehmen.

Da ist jetzt Geduld und Ausdauer gefragt.

Gruß
Anna

[just me]

puh, das sind ja mal bittere fakten, die auch mein vertrauen in diesen menschen alles andere als fördern würden.

doch, ich kenne das von mir schon. in der zeit der verliebtheit, damals war ich ende dreissig, habe ich mit meinen freundinnen höchstens noch telefoniert, aber auch nur, wenn sie sich gemeldet haben. das war nicht böse gemeint, aber ich war wohl genauso vereinnahmt.

aber gerade, wenn du dem typen so wenig über den weg traust, finde ich es umso mehr richtig, den kontakt zu ihr nicht abbrechen zu lassen. und so wie ich mir das jetzt zusammenreime, handelt es sich wohl um eine arbeitskollegin. wenn du oder sie nicht den job wechseln, werdet ihr euch also weiterhin so, oder so über den weg laufen

[nichtraucherin]

Hallo Annabella und just me,
ich möchte ein wenig mal die Perspektive dieser Freundin einnehmen.

Ich glaube, dass sie sich auch so verhält, weil sie nicht das Gefühl hat von Ihrer Freundin verstanden zu werden. Wahrscheinlich gibt ihr diese Beziehung etwas, von dem sie glaubt es woanders nicht zu bekommen.

Ich finde es gut, dass ihr beide den Kontakt nicht abbrechen lassen habt. Ich denke genau das macht Freundschaft aus. In dem Moment, wo der andere sich verstrickt, weiterhin treu zu bleiben.

Meine Freundin kann mit meinem Lebenspartner überhaupt nichts anfangen und trennt sich deswegen von mir.

Etwas längere Gedankenpause: Nein, vergleichbar ist das nicht. Ich blühe auf in meiner Beziehung, wir wollen gemeinsam Veränderung zum Positiven leben....

So wie du diese Beziehung beschreibst ist es eher Unterdrückung.

Dennoch meine Frage, bist Du sicher, dass diese Beziehung schlecht für Deine Freundin ist?

Kannst Du wirklich beurteilen, was zwischen den beiden läuft?

Bist du offen, das Dir anzuhören, was Deine Freundin über ihre Beziehung erzählt?

Nur ein paar unbequeme Fragen, von mir.
Liebe Grüße
Nichtraucherin

[Annabella]

Hallo just me,

Deine Worte bestärken mich, den Kontakt auf jeden Fall zu halten, wie auch immer.

Hallo Nichtraucherin,

Deine Gedankengänge sind sehr interessant und ich habe auch schon mal gedacht, an ihrer Stelle würde ich mich vielleicht auch verschließen, da sie meine innerliche Ablehnung ihm gegenüber ja spürt. Die Beziehung fing mit Lug und Trug seiner damaligen Partnerin gegenüber an. Er hat meiner Freundin soviel Schlechtes von ihr erzählt, hat lange Zeit noch ohne dass sie von der neuen Beziehung wusste, bei ihr gewohnt. Ich bin da eher skeptisch und habe Sorge, dass er grundsätzlich so ist und meine Freundin schlecht behandelt irgendwann.

Du hast Recht, ich weiß nicht, was zwischen ihnen ist. Ich sehe halt, dass sie oft sehr müde wirkt und ihre herzliche Art anderen gegenüber nicht zu spüren ist. Sie tritt mehr und mehr abweisend anderen gegenüber auf.

Sicher ist bei mir auch Eifersucht, vielleicht auch Neid dabei, da ich mich noch nie mit Haut und Haaren einer Liebe hingeben konnte.
Was ich jetzt aber möchte ist, diese Durststrecke zu überstehen. Die Treffen sind echt sehr zäh und gekennzeichnet davon, dass man bloß nicht zuviel von sich Preis gibt. Ich fühle mich oft verletzt. Und Fragen nach meiner Beziehung beantworte ich auch kaum noch, es sträubt sich alles, sie daran noch teilhaben zu lassen, was früher selbstverständlich war.

Der Austausch hilft mir, etwas klarer zu sehen - Danke

Gruß
Anna

[intersection]

Hallo Annabella,

"verliebtheit ist der Freunschaft größter Feind" - diese Floskel stimmt leider oft. Auch ich durfte das erfahren. Aber das positive daran ist. Verliebtheit ist nur die Anfangsphase und danach ist es wirkliche Liebe (und nicht nru Verliebtheit) oder es geht wieder auseinander. Es ist also eine Phase, in die jeder kommt. Gute Freunschaften überspielen diese Phase einfach und warten auf die nächste, denn dann ändert sich meistens alles. Wenn man verliebt ist oder frisch zusammen (und da ist für mich nru Verliebtheit möglich und keine direkte übermäßige Liebe), dann wird alles um einen herum unscheinbar, durchsichtig und gläsern und man hat nru Augen für gemeinsame Dinge (u.a. aus Verlustängsten). D.h. deine Freundin will ihren neuen Partner halten und passt sich ihm etwas an (ein ganz normaler Vrogang). Dass es nicht zu einem passt, kannst du dann natürlich gut beurteilen, weil du sie so lange kennst, aber das ist nicht schlimm, denn es ist nur eine Phase. Auf keinen Fall würde ich ihr Vorwürfe machen oder Kontakt meiden, denn das ist das letzte, was benötigt wird. Auf keinen Fall klammern - mach einfach alles so wie immer und du wirst sehen, es legt sich. Lern ihren Partner iauch in Ruhe kennen und wenn es dich wirklich so bedrückt, dass ihr vll. keine Zeit mehr miteinander verbringt, ihr nicht mehr über Dinge redet, die euch früher wichtig waren, dann spreche sie ganz ruhig drauf an oder schreibe ihr (aber NIE vorwurfsvoll, aber offen). Du wirst sehen - es wird alles gut.

Ich bin zwar "erst" 22 Jahre alt, aber mein bester Freund und ich sind seiut 10 Jahren beste Freunde (seit der 6. Klasse/7. Klasse) und haben wirklich viel durchgemacht (wie in den Filmen, mit Krankheit, schweren Phasen, Streit, usw.), aber auch viel Schöne Sachen erlebt. Wir sind uns sehr verbunden und es war NIE leicht, wenn er eine neue Freundin hatte (bei mri war es umgekehrt, da er ein anderer Typ Mensch ist, dem es nichts ausmacht), denn dann war er eben verliebt und hatte weniger Zeit (Eifersucht kam bisschen dazu bei mir, das is auch in einer Freundschaft normal!), aber das legte sich und wir haben ALLES überstanden - ohen wirkliche Probleme und sind immer noch gute Freunde. Und die Phasen des Vertrauens und des "wieder-so-werden-wie-früher" kommen wieder, vll. nicht ganz genau so, aber das wären sie auch pohne neuen Partner nicht, denn man wird halt immer älter und die Welt steht nicht still und man selber auch nicht. Es ist ein Prozess. Also mach dir keine Sorgen! Ich sollte vll. erwähnen, dass ich homosexuell bin und er nicht (mein bester Freund) und ich ihm das sagte (da waren wir 15/16) und er mich daraufhin umarmte und nie ein Problem hatte: das zeigt umso mehr, dass gerade bei uns (wo ich ja objektiv betrachtet ne größere Chance hätte, eifersüchtig zu sein - ich betone: ich wollte/will nie was von ihm - !) trotz erhöhter Bereitschaft kein Freundschaftsabbruch standfand oder Ähnliches und dann wird es bei dir erst recht nicht. Mach dir keine Sorgen, alles ist völlig normal und wenn es dich sehr bealstet, dann sprich sie ruhig darauf an, aber bedenke: es wird wieder werden wie früher, es dauert nur! Verliebtheit kann manchmal 5 Tage dauern und manchmal ein Jahr! Aber für eine gute Freundin/einen guten Freund, lohnt sich das Warten und das Glück teilen und sich freuen und gönnen ist doppelt so schön!

Ich gehe nun ins Bett! Alles Liebe und Gute dir!
Sven